Eigentlich ein Erfolg, und doch eine Enttäuschung - 1:1 im Pichterich |
Streng
genommen ist die Neckarsulmer Sport-Union ein relativ junger Verein,
wurde die NSU erst am 1. Januar 2009 durch Fusion zweier
Vorgängervereine ins Leben gerufen. Jedoch beginnt die
Fußballgeschichte in Neckarsulm bereits 1908. Gleich zwei Vereine
traten damals in den Wettstreit, der 1. FC Neckarsulm und Phönix 08.
Bereits 1910 fusionierten beide Konkurrenten zum Sportverein
Neckarsulm.
Wie
andernorts hemmte auch hier der 1. Weltkrieg die Entwicklung des
Fußballsports, jedoch konnten die Fußballer – wenn auch unter
Mühen – den Spielbetrieb aufrecht erhalten. Sportlich aufwärts
ging es in der Zeit der Weimarer Republik. 1924 stiegen die
Neckarsulmer in die zweithöchste Spielklasse, der Kreisliga
Enz-Neckar auf. Doch das Abenteuer „zweite Liga“ endete nicht
erfolgreich: zusammen mit Mitaufsteiger SC 05 Pforzheim ging es mit
nur 3 Punkten postwendend wieder in die A-Klasse zurück, und
Mannschaften wie der VfR Pforzheim, Union Böckingen oder Germania
Brötzingen waren schlicht eine Nummer zu groß. Im Jahr 1928 gelang
noch einmal der Aufstieg, und diesmal sicherte man sich mit einem
Mittelfeldplatz den Klassenerhalt in der Kreisliga Alt-Württemberg.
Durch Ligareform wurde der SV 1931 in die neugeschaffene Kreisliga
Hohenlohe eingeteilt, aus der man eigentlich als Tabellenletzter
abgestiegen wäre, hätte man den Abstieg durch Ligaaufstockung nicht
ausgesetzt. So konnte man in der Saison 1932/33 den 8. Platz
erringen, mußte aber mit einem 0:12 gegen den Meister und Aufsteiger
VfR Heilbronn die höchste Heimniederlage kassieren (in Heilbronn
unterlag man „nur“ 0:9). Mit 11:2 hingegen durfte Neckarsulm den
SV Hall nach Hause schicken, dem Vorläufer des heutigen
Ligakonkurrenten Sportfreunde Schwäbisch Hall.
Trotz
des sportlichen Klassenerhalts ging es ab 1933 zunächst eine Klasse
tiefer. Durch die von den Nationalsozialisten durchgeführte
Ligenreduzierung fiel Neckarsulm durchs Raster, qualifizierte sich
aber bereits 1934 wieder für die Bezirksklasse Unterland, wie die
zweithöchste Spielklasse mittlerweile hieß (in der aber auch
Vereine aus Stuttgart mitspielten, wie Prag oder Zuffenhausen).
Im
Olympiajahr 1936 erfolgte der Abstieg in die Kreisklasse, der aber
sofort korrigiert werden konnte. Wieder tanzte der Verein nur einen
Sommer in der Zweitklassigkeit. Mitten im Krieg, in der Saison
1939/40, sieht man den SV Neckarsulm in der Bezirksklasse Ludwigsburg
gegen Teams wie Germania Bietigheim oder Asperg antreten, 1940/41
wechselt man in die nun 1. Klasse heißende Staffel Heilbronn, wo man
beispielsweise gegen die Werkstruppe der Firma Knorr spielte. Nach
Ende der Saison 1942/43 verliert sich die Spur des SV Neckarsulm in
meinem Archiv, was aber auch die eingeschränkte Berichterstattung
und der Papierknappheit in Zeiten des „Totalen Krieges“
geschuldet ist.
Bevor
das Kapitel „SV Neckarsulm im Dritten Reich“ abgeschlossen wird,
muß ich noch das „Menetekel Böckingen“ erwähnen. Dreimal
qualifizierte sich Neckarsulm für die Gauausscheidung zum
Tschammer-Pokal, dem nach dem „Reichssportführer“ von Tschammer
und Osten benannte Vorläufer des DFB-Pokals, dreimal war Union
Böckingen die Endstation. Das erste Aufeinandertreffen am 8. Mai
1938 ging noch denkbar knapp mit 0:1 verloren, während man am 16.
Juni 1940 bereits mit 2:1 führte, ehe man auf eigenen Wunsch die
Fahnen streckte, da Neckarsulm nur noch 7 Spieler auf dem Feld hatte.
Bei der Austragung 1941 unterlag man nach einem 3:1-Auswärtserfolg
beim VfB Sontheim mit sage und schreibe 8:1 bei Union Böckingen in
der 2. Hauptrunde.
Aus
den Trümmern des Alten entstand 1946 das Neue, und aus dem SV 08
Neckarsulm wurde die SpVgg 08 Neckarsulm, die aber zunächst nur in
der Bezirksklasse spielte. 1951 erfolgte auf sehr ungewöhnlichem Weg
der Aufstieg in die 2. Amateurliga: als bester Bezirkspokalsieger
erwarb man sich das Recht, an den Aufstiegsspielen teilzunehmen.
Am
2. September 1951 wurde zur Premiere der TSV Crailsheim in der
Staffel 2 mit 3:1 bezwungen, und auch das erste Auswärtsspiel eine
Woche später beim SC Steinbach-Hall war mit 2:1 sehr erfolgreich.
Zum Saisonende stand ein zufriedenstellender 5. Platz zu buche. 1955
landete man erstmals unter den ersten Drei, und war auch in der
Folgezeit in den oberen Tabellenrängen der 2. Amateurliga
anzutreffen. 1957 fehlten auf den Meistertitel fünf Punkte, und in
Schwäbisch Hall feierte man mit 6:1 den höchsten Auswärtssieg. Mit
zwei Punkten Vorsprung auf Neuling Germania Bietigheim wurde
pünktlich zum 50jährigen Vereinsjubiläum 1958 die Meisterschaft
gefeiert. Die Aufstiegsspiele sahen Salamander Kornwestheim,
Normannia Gmünd, Sportclub Schwenningen, Olympia Laupheim und den
VfB Reichenbach als Gegner.
Während
in Schweden die Weltmeisterschaft tobte, saßen Württembergs
Amateurkicker nach, um drei Aufsteiger in einer Doppelrunde zu
ermitteln. Das erste Aufeinandertreffen zwischen Normannia Gmünd und
der SpVgg 08 fand am 17. Mai 1958 im Schwerzer statt. Die Normannen
gingen, angeheizt durch einen Siegeszug, als Favoriten ins Spiel, und
3.000 Zuschauer wollten sich die Partie nicht entgehen lassen.
Vielleicht lag es ja an der Spielkleidung, denn die Neckarsulmer
spielten in leuchtend roten Trikots, während die Normannen auf die
gelb-weiße Ersatzkleidung zurückgriffen. Normannia kam nur durch
einen von Hierholz verwandelten Handelfmeter zu einem Treffer und
unterlag vor einem enttäuschten heimischen Publikum mit ebenso
enttäuschender Spielweise 1:3. „Erfreulich
war, daß die Massen beim Abmarsch und der Abfahrt dank der sich
ausgezeichnet bewährenden Einbahnordnung in kürzester Zeit
reibungslos und sicher vom Platz gebracht wurden“. Wenigestens dies
klappte bei Normannia.
Das
Rückspiel am 1. Juni 1958 wurde von der Presse zu einem
Schicksalsspiel aufgebauscht, denn langsam ging es um die
Aufstiegswurst. Wieder verwandelte Hierholz einen Handelfmeter, und
wieder war es der einzige Normannia-Treffer, während Neckarsulm zwei
Tore gutgeschrieben bekam. Der einzige Unterschied zum Gmünder Spiel
bestand darin, dass Normannia diesmal die bessere Mannschaft war und
auch nach Sicht neutraler und einheimischer Zuschauer eigentlich schon zur Halbzeit 3:1
hätte führen müssen.
Die
Premiere in der höchsten württembergischen Liga brachte die
Neckarsulmer am 17. August 1958 zum alten Menetekel Union Böckingen,
und „am See“ blieben die Seehasen gegen die Neckarsulmer mit 4:0
Sieger. Nach einem spielfreien 24. August erlebte Neckarsulm am 31.
August seine Amateurliga-Heimpremiere gegen die SpVgg 07 Ludwigsburg,
wobei beide Mannschaften mit einem 1:1 zufrieden sein mußten. Mit
einem ebenso ausgeglichen Tabellenstand schloß man die Saison ab.
Das verflixte zweite Jahr wäre der SpVgg beinahe zum Verhängnis
geworden, denn mit Platz 16 hätte man eigentlich den Gang zurück in
die 2. Amateurliga antreten müssen. Allerdings wurde die Amateurliga
geteilt, fortan spielten man in den Staffeln Nordwürttemberg und
Schwarzwald-Bodensee, und Neckarsulm blieb folgerichtig in der
höchsten Amateurklasse.
Ziemlich
knapp stieg Neckarsulm 1961 wieder in die 2. Amateurliga ab. Zum
rettenden Ufer, dass der SSV Ulm und der VfR Aalen okkupierten,
fehlte nur ein Punkt. Souverän mit 10 Punkten Vorsprung vor Phönix
Mühlacker und FV Markgröningen wurde die Meisterschaft geholt, und
wieder traf Neckarsulm während einer Weltmeisterschaft auf Normannia
in der diesmal nur aus 4 Mannschaften bestehenden Aufstiegsrunde.
Diesmal siegten die Normannen in Neckarsulm mit 3:1 (27. Mai 1962),
jedoch gingen die Neckarsulmer im Schwerzer am 3. Juni ebenfalls als
3:1-Sieger hervor. Am Ende stiegen hinter dem 1. FC Eislingen beide
Mannschaften in die 1. Amateurliga auf, und nur der SV Stuttgart-Rot
hatte das Nachsehen.
Der
Saisonauftakt in der 1. Amateurliga brachte die SpVgg diesmal zum FV
Zuffenhausen, und der Neuling behielt mit 1:0 am 19. August 1962 die
Oberhand, was nach dem angewandten Divisionsverfahren sogar die
Tabellenführung bedeutete. Das Böckinger Menetekel erwischten
diesmal die Normannen, die von den „Seeräubern“ mit sage und
schreibe 8:1 ausgeplündert wurden. Das erste Aufeinandertreffen
beider Mannschaften in der höchsten württembergischen Liga fand am
30. September 1962 in Neckarsulm statt, die diese Begegnung auch
souverän mit 4:2 für sich entscheiden konnten. Das Rückspiel im
Schwerzer endete 1:1, und während Normannia wieder abstieg, konnte
Neckarsulm einen erfolgreichen 7. Platz feiern.
Im
Jahr der Bundesliga 1963/64 schrammte die SpVgg 08 nur knapp am
Abstieg vorbei, der 1964/65 nicht mehr vermieden werden konnte.
Dazwischen jedoch eroberte sich das Team in Echterdingen am 12. Juli
1964 vor 2.000 Zuschauer den WFV-Pokal mit einem 3:2-Sieg über den
SV Spaichingen. Im Süddeutschen Pokal, der als Ausscheidung zum
DFB-Pokal diente, unterlag man jedoch in der 1. Runde Anfang Oktober
1968 dem Altmeister VfR Mannheim mit 0:5.
In
der 2. Amateurliga hingen die Trauben 1965/66 etwas höher als
gewohnt. Neckarsulm konnte nur Platz 10 erringen, blieb aber im
Stadtduell mit dem späteren Fusionspartner Sportfreunde Neckarsulm
mit 4:0 und 1:1 Sieger. Nach Platz 6 und Platz 2 gelang endlich 1969
die Rückkehr ins Oberhaus.
Mit
der Meisterschaft in der 2. Amateurliga war auch der erneute
WFV-Pokalsieg gegen die Amateure des SSV 05 Reutlingen verbunden.
Über Auswärtssiege beim SC Amorbach und Germania Bietigheim kam man
über Verzicht des VfR Heilbronn – der an Aufsteigsspielen teilnahm
– einem Sieg im Elfmeterschießen über den Rivalen Union Böckingen
noch zu zwei deutlichen Angelegenheiten gegen TSV Höfingen und TG
Biberach ins Endspiel. Urspünglich sollte das Finale wohl auf
neutralem Boden in Tübingen stattfinden, wie es uns die
Statistikseite des WFV und die Wikipedia noch als Endspielort
verkaufen will, jedoch einigten sich die beiden Vereine, per
Losentscheid auf ein Stadion der Endspielpartner zu einigen, und
es wurde ein Neckarsulmer Endspiel. Allerdings, und damit wurde es
doch wieder ein neutraler Endspielort, durch den Ausbau ihres
Heimstadions verlegte die SpVgg ihr Heimrecht ins Stadion des VfR
Heilbronn. Vor knapp 2.000 Zuschauern gingen die Neckarsulmer auch
rasch in Führung, allerdings erkämpften sich die Reutlinger nach
Aufholjagd die Verlängerung, in der Neckarsulm mit 4:2 der Sieger
blieb.
Im
Süddeutschen Pokal fiel dann das Los der Neckarsulmer auf – SSV 05
Reutlingen, diesmal allerdings nicht die Amateure, sondern die
Regionalligamannschaft. Auf dem Hartplatz in Neckarsulm sahen die
lediglich 800 Zuschauer eine Sensation der 1. Pokalrunde, denn der
frisch gebackene Amateurligaaufsteiger bezwang die Vertragsspieler
mit 2:1. Matchwinner bei Neckarsulm war wohl Horst Graf, der eigens
für das Spiel seinen Italien-Urlaub unterbrach. Ein Mäzen hatte die
Flugkosten übernommen, und diese Investition zahlte sich aus. Graf
erzielte in der 56. Minute das 2:0, indem er in einem erstaunlichen
Solo die gesamte Reutlinger Hintermannschaft ausspielte und Torwart
Maaß keine Chance ließ. In der 2. Pokalrunde schied Neckarsulm
gegen die Stuttgarter Kickers vor wieder 800 Zuschauern mit 0:3 aus. Neckarsulm hatte jedoch vor allem in der 2. Halbzeit zahlreiche
Chancen und spielten seit der 32. Minute in Überzahl.
In
der Liga wäre eigentlich der sofortige Abstieg eine eindeutige
Angelegenheit gewesen – mit 19-41 Punkten war man Vorletzer und nur
der FCTV Urbach war schlechter – da kam ein historisches Ereignis
den Neckarsulmern zu Hilfe. Durch die Fusion der beiden
Ligakonkurrenten TSG Ulm 1846 und 1. SSV Ulm zum SSV Ulm 1846 wurde
ein Platz in der Liga frei, der von der SpVgg eingenommen wurde.
So
kam es 1970/71 zum erneuten Aufeinandertreffen mit der Normannia, die
als Neuling Platz 4 eroberte während Neckarsulm nun endgültig
abstieg. Im Schwerzer errang die Normannia einen 4:0-Heimsieg,
während die SpVgg im Gegenzug ihr Heimspiel mit 3:2 für sich
entschied. Neckarsulm wurde nach dem Abstieg von der 2. Amateurliga
direkt in die A-Klasse durchgereicht, wo allerdings postwendend die
Meisterschaft geholt wurde. 1973/74 blieb gerade mal der erste
Nichtabstiegsplatz zum Saisonabschluß, in den zwei folgenden
Spielzeiten gab man sich mit einem Mittelfeldplatz zufrieden.
Mit
nur 16-44 Punkten stieg Neckarsulm 1977 wieder in die A-Klasse ab,
was dafür sorgte, das der Name Neckarsulm für ein ganzes Jahrzehnt
in den Bezirk Unterland verschwand. Erst 1987 gelang die Rückkehr in
die mittlerweile fünftklassige Landesliga, wo als Neuling der 12.
Platz gehalten werden konnte. 1990 mußte jedoch zusammen mit dem SV
Schluchtern der bittere Gang in die Bezirksliga Unterland angetreten
werden, wiewohl die Neckarsulmer als Vorletzter den Meister und
Aufsteiger TSF Ditzingen mit 5:3 nach Hause schickten.
In
der Folge stürzte die SpVgg gar in die Kreisliga A ab, wo man auf
Mannschaften traf, gegen die früher höchstens die Zweite antrat.
1997 wurde dieser Unfall wieder korrigiert, aber mehr als Bezirksliga
war für Neckarsulm zunächst nicht drin. Erst 2006 gelang vor
Lokalkonkurrent Türkspor Neckarsulm die Rückkehr in die Landesliga. Das erste Auftreten nach so langer endete mit einem
enttäuschenden letzten Platz, und die Mannschaft versuchte es 2009
erneut als Landesligaaufsteiger. Mittlerweile erfolgte die Fusion mit
den Sportfreunden Neckarsulm zur Neckarsulmer Sport-Union, wobei mit
der Abkürzung NSU bewußt als Marke verstanden werden kann und auch im
Volksmund seit Jahren für die Stadt verwendet wird. Lediglich das
äußerst modern anmutende Grafiker-Logo stößt dem Fußballpuritaner
in mir etwas auf.
Die Sportfreunde hatten in ihrer Vergangenheit
insgesamt 5 Jahre in der 2. Amateurliga gespielt (1957/58; 1960-63
und 1965/66), sonst aber keine größeren Spuren in der
Fußballgeschichte hinterlassen.
In
der mittlerweile nur noch siebtklassigen Landesliga konnte sich die
neugegründete NSU behaupten, pirschte sich 2011 auf Platz 3 heran,
ehe 2013 deutlich vor dem FV Löchgau die Meisterschaft und der
Aufstieg in die Verbandsliga Württemberg gefeiert werden konnte.
Auch hier kam es wieder zu den Duellen mit der Normannia, die am 19.
Oktober 2013 mit 5:1 aus dem Pichterich gepeitscht wurden. Auch das
Rückspiel am 10. Mai 2014 im Schwerzer endete aus Normanniasicht nur
mit einem 2:2.
Ausgerechnet mit einer Niederlage ist einer der
größten Erfolge verbunden. Nachdem man in Großaspach das
WFV-Pokalendspiel gegen den 1. FC Heidenheim mit 1:3 verlor,
qualifizierte man sich dennoch für den DFB-Pokal, da
zwischenzeitlich Dynamo Dresden ausgeschlossen wurde und Neckarsulm
als Nachrücker die 1. Runde erreichte. Dort war zwar der 1. FC
Kaiserslautern ziemlich deutlich Endstation, jedoch ist das Erlebnis
DFB-Pokal unvergessen.
Auch
die vergangene Saison sah die Normannia am Pichterich mit einer
Niederlage, wenn auch diesmal „nur“ 1:2, während das Rückspiel das gleiche Ergebnis sah, jedoch wieder für die NSU.
In
der aktuellen Spielzeit ließ ausgerechnet am letzten Spieltag die
Neckarsulmer SU mit einem 5:0-Auswärtssieg beim FC 07 Albstadt
aufhorchen, und man ging nach der Gmünder Arbeitsverweigerung gegenGöppingen mit gemischten Gefühlen an den Neckar. Mir wurde
dankbarerweise ein Platz im Mannschaftsbus freigehalten, so daß die
Anfahrt in die Stadt des Deutschen Ritterordens schon geklärt war.
Der
Busfahrer stellte sich als Erich aus Bartholomä und Zeitzeuge
besonderer Art, hatte er schon einmal die Normannia zu einem
Auswärtsspiel gefahren. Dies war zur Ära von Trainer Albert Barth,
und damals benötigte die Mannschaft einen Punkt beim direkten
Verfolger SV Altenberg, um die Rückkehr in die Landesliga zu feiern.
Das muß im Mai 1986 gewesen sein, als noch Namen wie Dieter
Engelhardt, Michael Blötscher oder Sadija Sadovic in der Mannschaftsaufstellung zu finden waren.
Dieser Punkt wurde geholt, und die Rückfahrt sei in einer einzigen
Feierorgie versandet.
Neckarsulm
ist nicht nur durch die NSU bekannt, sondern auch durch die NSU. Eine
Oldtimer-Veranstaltung von Audi-NSU-Fans zwang den Reisebus zu
ziemlichen Schleichfahrten ans Stadion Pichterich.
Sonnenterasse mit Logenblick aufs Spielfeld |
Sympatisch ist die Neckarsulmer SU in meinen Augen, weil der Gesamtverein eine Rugbyabteilung in ihre Reihen hat. Im Pichterich jedoch beherrschen die Anlagen für die Leichtathleten die Szenerie, und durch die Laufbahn ist man als Stehplatzzuschauer nicht gerade mit der Sicht begünstigt. Alternativ wäre höchstens noch die "Sonnenterasse" vor dem Vereinsheim zu empfehlen. Zumindest kann man von dort oben das Normannia-Dreiergestirn in Ruhe abfotografieren.
Die "Drei" war dann auch das magische Stichwort, denn Coach Beniamino Molinari ging das Spiel mit drei Sturmspitzen an. Ich durfte derweil mein Busticket abarbeiten und zog die orangefarbene Weste eines WFV-Ordners an. Das hatte wenigstens den Vorteil, einmal bei Normannia im Spielberichtsbogen aufzutauchen. Mehr Karriere geht einfach nicht.
Mag die Tartanbahn für den Fußballfreund ungünstig sein - für die NSU bleibt sie zumindest vorteilhaft, um darauf die Balljungen zu platzieren. Richtig gehört, Balljungen, womit man wohl dem Umstand rechenschaft schuldet, dass die Anlage sehr weitläufig ist und man die alte Bolzplatzregel, "wer ihn rausschießt, holt ihn auch", wohl schlecht auf die Verbandsliga anwenden kann. nur der Balljunge mit dem Elfertrikot ist ein klein wenig benachteiligt - stehen ihm doch mit Gaetano Molinario und Nico Schoch die gar grässlich lauten Normannia-Fans im Rücken. Aber seinem Ehrenamt kam er tapfer und gewissenhaft nach.
Kleiner aber lauter Anhang |
Zu den großen Fußballklassikern wird dieses dreizehnte Aufeinandertreffen zwischen Neckarsulm und Normannia gewiss nicht zählen. Allerdings begann die Partie aus stauferstädtischer Sicht sehr verheißungsvoll. Bereits nach zehn Minuten erlebten die 150 Zuschauer die 1:0-Führung der Normannen durch Timo Zimmer. An diesem Tor waren sinnigerweise die Stationen Felix Bauer und Manuel Seitz beteiligt, so daß sich des Trainers Drei-Stürmer-Taktik durchsetzte.
Aus schlechter Sicht der Spielerjubel zum 1:0. |
Aus besserer Sicht der Fanjubel zum 1:0. |
Nun stand Neckarsulm ja nicht rein zufällig auf Platz 2 der Tabelle, und folgerichtig erhöhte der Gastgeber auch den Druck auf das Tor von Kiki Kühnle, der auch alle Hände voll zu tun hatte. Verhindern konnte er jedoch auch nicht, dass NSU-Kapitän Martin Hess bereits in der 26. Minute den Ball nach erfolgreichem Torschuß aus dem Netz fischte und Richtung Anspielpunkt transportierte.
Natürlich versuchten die Hausherren, den Druck beizubehalten, blieben aber in ihrem bemühen, das 2:1 folgen zu lassen erfolglos. Der Pausenstand sah ein 1:1 und die NSU-Jugendlichen, die wie in unzählig anderen Stadien auch zur Pause für die Jugend sammelten. "Immer kriegt man nur von den Anderen" bruddelte so ein zukünftiger NSU-Star zu seinen Freunden, nachdem Mario ein paar Münzen in die Fußball-Sparkasse warf.
Halbzeit im Pichterich |
Machen wir es kurz, denn wer bis dahin gelesen hat, hat eh schon zu viele Buchstaben verarbeitet.
Nach dem Seitenwechsel ließ NSU den Druck etwas schleifen, was den Normannen Gelegenheit gab, durch schnelles Flügelspiel den Ball erneut zu versenken. Der eingewechselte Marius Nuding wuselte oft genug an meiner Linse vorbei, nur verpichterte sich der Normannia-Abschluß - Marcel Susser hatte wohl keine Lust mehr, hinter sich zu greifen.
Ist es ein Vogel? Nein! Ein Flugzeug? Nein! Es ist Super Marius! |
Chancen waren auf beiden Seiten da - mit der Verrwertung haperte es, wobei Normannia seit der 78. Minute auch noch in Überzahl spielte.
Kurz vor Schluß dann die Omnichance für den FCN. Schiedsrichter Hildebrandt zeigt nach einer von Marvin Leonhardt verschuldeten Aktion auf den Punkt, und Benjamin Barth hat die Gelegenheit, den ersten Auswärtssieg in Neckarsulm nach 19.466 Tagen zu erzwingen. Doch dem Elfmeterschuß fehlte die nötige Ernst für diese historische Stunde, Torwart Susser hechtet goldrichtig und rettet dem Gastgeber den Punkt.
Elfmeterpfiff... |
...ohne historische Konsequenz |
Am Ende jubelt nur der Balljunge, als die Partie abgepfiffen wird. Beide Mannschaften waren mit der Ausbeute nicht zufrieden. Auch ich hielt zunächst das wohltemperierte Pils als das größte Erfolgserlebnis am Pichterich, wiewohl ich vor dem Spiel mit einem 1:1 zufrieden gewesen wäre.
Wenigstens der Balljunge freut sich |
Jetzt, nachdem man drüber geschlafen, sieht man die Situation wieder entspannter. Natürlich war mehr drin. Im Gegenzug darf die Vereinsbrille nicht darüber hinwegtäuschen, das es auch deutlich anders hätte ausgehen können. Wer zuvor das Spiel gegen Göppingen sah, wird auch den Normannia-Einsatz positiv hervorheben. Und 19.466 Tage ohne Sieg in Neckarsulm, was ist das schon? Dann warten wir halt noch ein paar Tage mehr. Beim nächsten mal klappts dann auch.
Spielbericht:
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