Mittwoch, 18. November 2015

Der Charme des Südens - Ein Tag mit dem TV Derendingen

Spätzleskicker in bester Gesellschaft: TV 1900 Derendingen 
Eine Reise in den Süden ist für andere schick und fein“ trällerte einstens Conny Froboess, und wenn ich nun auch kein Italiener bin, so zog es mich doch mal wieder in den Süden, genauer gesagt in die ehemalige Landeshauptstadt des vormaligen Landes Württemberg-Hohenzollern. Hier, im Herzen Südwürttembergs, wollte ich es mir nicht nehmen lassen, den Balltreterinnen und Balltretern der Tübinger Südstadt meine Aufwartung zu machen. Als untreue Tomate und verlorener Stiefsohn des TV Derendingen hatte ich mich zuletzt im Oktober 2014 bei meiner Fernbeziehung blicken lassen. Ein Besuch war also längst überfällig, um alte Freundschaften wieder aufzufrischen.


Mittlerweile hat sich ja auch vieles ver- und geändert. Bezirksligatrainer Peter Kaschuba beispielsweise suchte und fand neue Aufgaben beim Ligakonkurrenten TSV Gomaringen, und ebenso fehlte Mouhamed Arfaoui in der TVD-Sturmspitze. Auch die Frauen mußten mit ihrer langjährigen Keeperin Melanie Bölzle und Torgarantin Tina Wurster schmerzliche Verluste hinnehmen. Auch im Spielbetrieb lief es nicht rund. Die Frauen im „verflixten 2. Jahr“ der Regionalliga Süd standen mit nur einem Punkt am Ende der Tabelle, und auch die Männer – im Vorjahr noch im oberen Mittelfeld anzutreffen – gurkten plötzlich in Richtung Kreisliga A herum. Also wirklich allerhöchste Zeit, den Steinlach-Kickern am „kleinen Bökelberg des Südens“ wieder höchstpersönlich die Daumen zu drücken.

Im Süden, so wird allgemein suggeriert, ist es warm. In der Tat war der Sonntag unanständig warm für einen Novembertag, und ich bereute die Lagen an Kleidungsstücken, die ich vorsichterweise über meinen Körper legte. Gleichwohl war die beliebte Promenade an der Steinlach ob dieses herrlichen Wetters mehr als bevölkert: Jogger, Radfahrer, Spaziergänger mit und ohne Hund – kurz: das gesamte Potpourri einen vergnüglichen Sonntagnachmittags bei Sonnenschein. Und mittendrin ein Gmünder mit TVD-Schal um den Hals, dem es eigentlich viel zu warm mit selbigen war. Aber es heißt ja nun mal „Farbe zeigen“, und Tübingen ist nicht Rot-Weiß wegen der TSG Tübingen! Zumindest bei mir…

Bei meinem Eintreffen am „Bökelberg“ spielte gerade die 2. Männermannschaft des TVD ihre Kreisliga-Partie gegen den Tabellenführer mit dem fast schon unaussprechlichen Namen SpVgg Bieringen/Schwalldorf/Obernau. Es muß die 73. Minute der Partie gewesen sein, denn just bei meiner Ankunft erzielten die Gäste das 2:0. Das die Gästemannschaft gegen die 2. Mannschaft der Derendinger in Führung gehen wenn ich eintreffe, das muß mittlerweile eine Art Tradition an der Steinlach sein: bislang vernahm ich stets einen Torpfiff für die Gäste bei Ankunft. Am Ende holten die Derendinger ein achtbares 1:2 gegen den alten und neuen Tabellenführer.

Helmut "Tschumle" Thurner
Doch das hatte ich schon nicht mehr höchstpersönlich erlebt. Helmut Thurner, Betreuer und Pressewart des TVD erwartete mich bereits, und „Tschumle“, wie er landauf landab genannt wird, begrüßte den verlorenen Stiefsohn des TVD ließ mich die ganze südländische Gastfreundschaft der Tübinger Südstadt spüren. Denn der TV Derendingen „isch a weng andersch“: offener, ehrlicher, herzlicher als man es dem ordinären Standardschwaben zutrauen würde. Natürlich ist auch hier nicht alles Katzengold was glänzt, auch hier kämpft man mit den Problemen wie andernorts. Demographischer Wandel, Neubürger ohne althergebrachte Familienbindung zum Verein, überlastetes Ehrenamt, Sponsorensuche – gegen diese Probleme kämpft man auch im Süden des Landes. Und doch scheint diese kleine Vereinsfamilie frohen Mutes ihre Aufgaben in Angriff zu nehmen, was man am „Tausendsassa“ Tschumle bestens erkennt.

Aber genug „Honig oms Maul gschmiert“, denn es lockte das Spiel der Regionalliga. Derendingen stand, wie eingangs geschildert, mit nur einem Punkt am Tabellenende. Bei drei Absteigern eine nicht gerade angenehme Situation nach 8 Spieltagen. Ein Sieg gegen Aufsteiger Rüsselsheim, die auf dem ersten Nichtabstiegsplatz saßen, hätte den dringend benötigten Anschluß erbracht und wäre zudem für die Moral immens wichtig gewesen.

Vor dem Spiel gab es noch ein Wiedersehen mit Ebbo Braun, dem „ewigen Vierzigjährigen“ und früheren Trainer des TVD. Natürlich kam – bedingt durch die LOKALRUNDE 2015 – auch das Gespräch auf den TV Echterdingen und dessen Philipp Wunsch. Hätte ich geahnt, dass Ebbo Braun anwesend ist, hätte ich natürlich meinen Echterdingen-Schal mitgebracht und ein schönes Foto für den TVE geschossen.

Nun, den SC Opel Rüsselsheim kenne ich aus der Regionalliga Süd, allerdings aus dem männlichen Pendant der Jahre 1965 bis 1972, was damals immerhin die zweithöchste Spielklasse der Bundesrepublik war. Der 1906 gegründete Verein war sogar vor dem Krieg in der ersten Spielklasse anzutreffen und kann mit Fug und Recht als Traditionsverein angesehen werden. Frauenfußball wird indes seit 1995 gespielt, und in dieser kurzen Zeit ihres Bestehen haben die Fußballerinnen Höhen und Tiefen durchlebt. Letztes Jahr erfolgte erstmals der Aufstieg in die Regionalliga, nachdem Hessenmeister SV Gläserzell sein Aufstiegsrecht nicht wahrnahm.












Für die Gelb-Schwarzen vom Main ist diese Liga naturgemäß ein ungewohntes Feld, begannen die Saison mit vier Niederlagen in Folge. Nach Derendingen fuhren sie jedoch wieder mit 2 Siegen im Nacken an die Steinlach, und es war zu erwarten, dass sie diesen Schwung auch heuer mitzunehmen gedachten.




Trotz dieser für meinen TVD angespannten Lage ließen es sich die Kickerinnen nicht nehmen, der Bitte Tschumles zu entsprechen und mit mir vor dem Anpfiff für ein Mannschaftsfoto zu possieren. Für mich eine große Ehre und Freude – wer darf sich denn sonst schon mal mit einer richtigen Regionalliga-Mannschaft ablichten lassen?













Erwartungsgemäß fanden die Partien des Super-Sonntags auf dem Kunstrasen des TVD statt. Derendingen legte auch gleich mächtig vor, machte Druck und setzte diel Opel-Elf gleich mächtig unter Druck. Die erste Hälfte, das wage ich dann doch auch mit rot-weißer Brille zu behaupten, war eindeutig die Hälfte der Derendinger. Jedoch – lag es am Druck, punkten zu müssen oder der Tatsache, dass mit Tina Wurster die Knipserin in der Spitze fehlte – es gelang einfach nicht, den Ball im Tor von Elena Jaeschke unterzubringen. Zu viele Chancen wurden schlicht verschenkt.


Ein kleiner Schritt zu spät. Zu viele Chancen wurden asugelassen.

Geschenkt würde Derendingen nichts erhalten, aber im Gegenzug muß wohl die südländische Gastfreundschaft zugeschlagen haben. In der 42. Minute geht Rüsselsheim durch einen quasi im wahrsten Sinne des Wortes geschenkten Treffer zu meiner Überraschung in Führung. Lautstarker Jubel der Gästebank, und ohrenbetäubendes Gejaule einer Handsirene, die Gästefans aus der Opelstadt mitgebracht hatten.


Jubel bei Rüsselsheim (Bildmitte). Die Handsirene im Einsatz
Das 0:1 war zwar ärgerlich, aber zumindest noch kein Beinbruch zu dieser Stunde. Während die Gäste an der Eckfahne Platz nahmen und den Worten ihres Trainers Jens Emmerich lauschten, wurde ich einmal mehr bewußt, aus was für einer stocksteifen nordwürttembergischen Gegend ich komme. Getrieben vom Hunger und auf Futtersuche am Kiosk eintreffend, wurden dem "verlorenen Stiefsohn" auch das dringend benötigte Mahl kredenzt, ohne auf die Amortisierung der Verbindlichkeiten zu bestehen. "Wir freuen uns, Dich mal wieder hier zu sehen" hieß es nur von den freundlichen TVD-Helferinnen, und bei so viel mir erwiesener Freundlichkeit bin dann auch ich einfach Schwabe genug.


Pausentee an der Eckfahne
Waren die Rüsselsheimerinnen in der 1. Hälfte mehr am reagieren statt am agieren, so muß man fairerweise sagen, das nach dem Seitenwechsel der SC Opel deutlich mehr vom Spielgeschehen hatte. Wesentlich selbstbewußter stürmten die Gäste aus Hessen das Derendinger Tor an, und gegen das 0:2 und 0:3 in der 70. Minute war nichts einzuwenden, und die Rüsselsheimer Handsirene durfte verdientermaßen noch einmal kräftig aufjaulen. Meinem TVD sollte doch keine Heimklatsche drohen? Sie waren nicht entmutigt, eher resigniert. Gut gespielt und doch drei Tore kassiert.












Es begann das Rennen gegen die Zeit, aber leider zu spät. Die ausgelassenen Chancen zur 1. Halbzeit wurden jetzt bitter bereut. In dieser Sturm- und Drangphase erzielte das Heimteam einen Treffer, der jedoch nicht anerkannt wurde. Schiedsrichterin Sandra Bausch erkannte nach Rücksprache mit ihrer Assistentin auf Abseits, eine Entscheidung, die zumindest diskussionswürdig ist.

Aus. Die Punkte gehen mit nach Rüsselsheim.

Weiter ging es aufs Rüsselsheimer Tor, vieles wurde schlicht probiert, quasi übers Knie zu brechen, und Angriffe versandeten dann einfach im Mittelfeld. Erst mit dem Anschlußtreffer in der 82. Minute durch Anja Sailer legten die Südstädterinnen die Hektik ab und gingen zielstrebiger vor. Aber das verdiente 2:3 durch Stephanie Tweer kam in der 88. Minute zu spät. Fairerweise kann man sagen, dass ein Unentschieden beiden Mannschaften gerecht gewesen wäre, letztendlich aber für den TV Derendingen aber auch keine Ausbeute erbracht hatte. So stand der eine Punkt auf der Plusseite, und der Abstand zum rettenden 9. Platz beträgt 11 Punkte - eine sauhohe Hypothek in einer Zwölferliga. Die einzige Belohnung, für die sich das Team natürlich nichts kaufen kann, war die Tatsache, dass die ca. 150 Zuschauer eine hochklassige Partie zu Gesicht bekamen. Es gab zwar einige Unterbrechungen, insgesamt war das Regionalligaspiel jedoch sehr fair, wofür eine einzige gelbe Karte ein exemplarisches Zeugnis geben kann. Wenn man mich fragt, eine sehr gute Werbung für die Frauen-Regionalliga.



Lief es bei den Männern, die ja ebenfalls dringend 3 Punkte benötigten, besser?  Dort hat mittlerweile Jörg Junger das Traineramt von Peter Kaschuba übernommen, der jedoch wie gesagt die Gästeelf des TSV Gomaringen betreut. Ich witzelte für mich selbst, er möge nicht aus reiner Gewohnheit die Mannschaften verwechseln. 

Beinahe das 1:0 - doch leider zu viel Rugby im Schuß.
Die Bank des TSV Gomaringen mit Peter Kaschuba.
Die 1. Halbzeit endete zwar tor-, aber keinesfalls ereignislos. Kaum war das Spiel angepfiffen, da stürmten die Derendinger aufs Tor, jagten den Ball allerdings Rugbyverdächtig hoch übers Tor. Doch das war nicht die einzige Aktion der ersten Hälfte, und jetzt kam man als Zuschauer voll auf seine Kosten. Mit dem TSV war zudem eine gleichwertige Mannschaft, hüben wie drüben gab es spannende Torraumszenen. Kurz: anders als es der Halbzeitsstand von 0:0 ausdrückt, war dies eine hochklassige Bezirksligapartie.






Mittlerweile verschwand die Sonne hinter dem Horizont, und die Temperaturen passten sich zunehmend dem November an. Vor dem Abpfiff der ersten Dreiviertelstunde wechselte ich  gemütlich zur anderen Seite hinüber und wäre beinahe noch Kamerazeuge des Führungstreffers geworden.




Wie in alten Tagen: Ebbo Braun und Peter Kaschuba. 


Ein gewohntes Bild gab es bei Rückkehr der Spieler aufs Feld, als Ebbo Braun und Peter Kaschuba miteinander redeten. Fast wie in alten Zeiten bei meinem ersten Besuch, als beide gleichberechtigte Trainer des TV Derendingen waren. Währenddessen ging der Sonnenstand langsam von Dämmerung in Dunkelheit über, an fotografieren war nicht mehr zu denken, und so muß sich der geneigte Leser meines Blogs mit meinen prosaischen Schilderungen begnügen. Da ich aber vom Zwang, Bilder knipsen zu müssen, befreit war konnte ich zumindest Susanne Dölcker anständig einen guten Tag wünschen.

Keine "Special Effects" sondern einfach zu dunkel zum knipsen.
Kurz nach Wiederanpfiff ist es Frederik Hermann, der den TVD verdient in Führung bringt, die Sebastian Schelle in der 70. Minute zum 2:0-Endstand einwuchtet. Dieser verdiente Sieg war aber nicht nur das Werk der beiden Torschützen, denn Gomaringen war wie gesagt saustark, scheiterte jedoch am Mann im Kasten. Dort steht nämlich seit Saisonbeginn mit Daniel Strähle ein echter Kieler Storch, der über die TSG Neustrelitz den Weg an die Steinlach gefunden hat. Und der Schlußmann leistete ganze Arbeit, verhinderte mehr als eine dicke Tormöglichkeit und glänzte am Spielende noch mit einer Doppelparade. Diese Leistung brachte ihm verdientermaßen in die "Schwitzkasten-Elf des Tages" des Schwäbischen Tagblatts, wobei Autor Hansjörg Lösel nicht zu unrecht vermerkte, welcher Fußballblogger von Strähle beeindruckt war.


Es ist vollbracht: 3 wichtige Punkte für die Steinlach-Elf
Wichtiger natürlich waren die 3 Punkte im Flutlichtspiel, die den TVD vorübergehend vom Abstiegsrang hievten. Es erwies sich nicht als Fehler, dass Tschumle noch während dem Spiel seine Siegerzigarre ansteckte (die zudem beinahe dafür sorgte, dass zwei freundliche ältere Herren aus Gomaringen um ein Haar die Flucht ergriffen hätten).









Ehe es zum gemütlichen Teil überging - und ich blieb wieder länger als ursprünglich geplant - durfte ich mal erleben, wie das Ehrenamt nach Spielende arbeitet, denn Tschumle war damit beschäftigt, in der Geschäftstelle Spielberichte einzupflegen. Dann, ja aber dann, ging es endgültig ins Sportheim, dem Maultaschentempel des Südens, wo man noch vom Bökelberg träumen darf und man als Gast immer sehr zufrieden ist. Lediglich Inhaber Martin Weber zeigte eine kleine Enttäuschung: "Ja wie, keinen Schottenrock?" Meine Marotten hatten sich also bereits nach Tübingen rumgesprochen, allerdings hatten meine konservativen Beinkleider keinen Einfluß auf die Gastfreundschaft vor Ort, und da der TV Derendingen 3 Punkte holte, ward mir auch hier erneut Freigetränke offeriert. Diese südländische, herzliche und nie gespielte Gastfreundschaft der Derendinger ist wahrlich unerreicht. Auch der jetzige Gäste- und vormalige Heimtrainer Peter Kaschuba genoß noch Speis' und Trank an der Steinlach.


Nachdem ich nochmal einen Zug saußen ließ, trennte ich mich dann doch mal schweren Herzens, aber die lange Irrfahrt durch die Nacht darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen, was die Durchsagen eines angefressenen Lokführers bestätigten. Ich selbst hingegen versprach eine Rückkehr. Dann jedoch in voller Montur, sprich Schottenrock und Tropenhelm, und dann hoffentlich zu einem 6-Punkte-Super-Sonntag.

Sonntag, 13. September 2015

Verflixt und zugepichtert - Neckarsulmer Sport-Union gegen Normannia Gmünd

Eigentlich ein Erfolg, und doch eine Enttäuschung - 1:1 im Pichterich
Vor dem Spiel gegen die Neckarsulmer Sport-Union hätte man sich aus Normanniasicht mit einem Punkt aus dem Pichterich zufrieden gegeben, nach dem Spiel ärgerte man sich, beim heimstarken Tabellenzweiten nicht den Sack zugemacht und den Sieg geholt zu haben. Vor allem der verschossene Elfmeter kurz vor Spielende wurmte sehr. Im Gegenzug muß man jedoch zugeben, dass das Unentschieden dem gesamten Spielverlauf gerecht war, und statt eines "dreckigen Dreiers" auch ein "nichtsnutziger Nuller" für die Normannia hätte herauskommen können. Aber ein Sieg bei einer Mannschaft, gegen die man das letzte mal auswärts gewann, als es noch kein Farbfernsehen gab, wäre wahrlich ein i-Tüpfelchen und gut für die Moral gewesen.

Streng genommen ist die Neckarsulmer Sport-Union ein relativ junger Verein, wurde die NSU erst am 1. Januar 2009 durch Fusion zweier Vorgängervereine ins Leben gerufen. Jedoch beginnt die Fußballgeschichte in Neckarsulm bereits 1908. Gleich zwei Vereine traten damals in den Wettstreit, der 1. FC Neckarsulm und Phönix 08. Bereits 1910 fusionierten beide Konkurrenten zum Sportverein Neckarsulm.

Wie andernorts hemmte auch hier der 1. Weltkrieg die Entwicklung des Fußballsports, jedoch konnten die Fußballer – wenn auch unter Mühen – den Spielbetrieb aufrecht erhalten. Sportlich aufwärts ging es in der Zeit der Weimarer Republik. 1924 stiegen die Neckarsulmer in die zweithöchste Spielklasse, der Kreisliga Enz-Neckar auf. Doch das Abenteuer „zweite Liga“ endete nicht erfolgreich: zusammen mit Mitaufsteiger SC 05 Pforzheim ging es mit nur 3 Punkten postwendend wieder in die A-Klasse zurück, und Mannschaften wie der VfR Pforzheim, Union Böckingen oder Germania Brötzingen waren schlicht eine Nummer zu groß. Im Jahr 1928 gelang noch einmal der Aufstieg, und diesmal sicherte man sich mit einem Mittelfeldplatz den Klassenerhalt in der Kreisliga Alt-Württemberg. Durch Ligareform wurde der SV 1931 in die neugeschaffene Kreisliga Hohenlohe eingeteilt, aus der man eigentlich als Tabellenletzter abgestiegen wäre, hätte man den Abstieg durch Ligaaufstockung nicht ausgesetzt. So konnte man in der Saison 1932/33 den 8. Platz erringen, mußte aber mit einem 0:12 gegen den Meister und Aufsteiger VfR Heilbronn die höchste Heimniederlage kassieren (in Heilbronn unterlag man „nur“ 0:9). Mit 11:2 hingegen durfte Neckarsulm den SV Hall nach Hause schicken, dem Vorläufer des heutigen Ligakonkurrenten Sportfreunde Schwäbisch Hall.

Trotz des sportlichen Klassenerhalts ging es ab 1933 zunächst eine Klasse tiefer. Durch die von den Nationalsozialisten durchgeführte Ligenreduzierung fiel Neckarsulm durchs Raster, qualifizierte sich aber bereits 1934 wieder für die Bezirksklasse Unterland, wie die zweithöchste Spielklasse mittlerweile hieß (in der aber auch Vereine aus Stuttgart mitspielten, wie Prag oder Zuffenhausen).
Im Olympiajahr 1936 erfolgte der Abstieg in die Kreisklasse, der aber sofort korrigiert werden konnte. Wieder tanzte der Verein nur einen Sommer in der Zweitklassigkeit. Mitten im Krieg, in der Saison 1939/40, sieht man den SV Neckarsulm in der Bezirksklasse Ludwigsburg gegen Teams wie Germania Bietigheim oder Asperg antreten, 1940/41 wechselt man in die nun 1. Klasse heißende Staffel Heilbronn, wo man beispielsweise gegen die Werkstruppe der Firma Knorr spielte. Nach Ende der Saison 1942/43 verliert sich die Spur des SV Neckarsulm in meinem Archiv, was aber auch die eingeschränkte Berichterstattung und der Papierknappheit in Zeiten des „Totalen Krieges“ geschuldet ist.

Bevor das Kapitel „SV Neckarsulm im Dritten Reich“ abgeschlossen wird, muß ich noch das „Menetekel Böckingen“ erwähnen. Dreimal qualifizierte sich Neckarsulm für die Gauausscheidung zum Tschammer-Pokal, dem nach dem „Reichssportführer“ von Tschammer und Osten benannte Vorläufer des DFB-Pokals, dreimal war Union Böckingen die Endstation. Das erste Aufeinandertreffen am 8. Mai 1938 ging noch denkbar knapp mit 0:1 verloren, während man am 16. Juni 1940 bereits mit 2:1 führte, ehe man auf eigenen Wunsch die Fahnen streckte, da Neckarsulm nur noch 7 Spieler auf dem Feld hatte. Bei der Austragung 1941 unterlag man nach einem 3:1-Auswärtserfolg beim VfB Sontheim mit sage und schreibe 8:1 bei Union Böckingen in der 2. Hauptrunde.

  
Aus den Trümmern des Alten entstand 1946 das Neue, und aus dem SV 08 Neckarsulm wurde die SpVgg 08 Neckarsulm, die aber zunächst nur in der Bezirksklasse spielte. 1951 erfolgte auf sehr ungewöhnlichem Weg der Aufstieg in die 2. Amateurliga: als bester Bezirkspokalsieger erwarb man sich das Recht, an den Aufstiegsspielen teilzunehmen.

Am 2. September 1951 wurde zur Premiere der TSV Crailsheim in der Staffel 2 mit 3:1 bezwungen, und auch das erste Auswärtsspiel eine Woche später beim SC Steinbach-Hall war mit 2:1 sehr erfolgreich. Zum Saisonende stand ein zufriedenstellender 5. Platz zu buche. 1955 landete man erstmals unter den ersten Drei, und war auch in der Folgezeit in den oberen Tabellenrängen der 2. Amateurliga anzutreffen. 1957 fehlten auf den Meistertitel fünf Punkte, und in Schwäbisch Hall feierte man mit 6:1 den höchsten Auswärtssieg. Mit zwei Punkten Vorsprung auf Neuling Germania Bietigheim wurde pünktlich zum 50jährigen Vereinsjubiläum 1958 die Meisterschaft gefeiert. Die Aufstiegsspiele sahen Salamander Kornwestheim, Normannia Gmünd, Sportclub Schwenningen, Olympia Laupheim und den VfB Reichenbach als Gegner.

Während in Schweden die Weltmeisterschaft tobte, saßen Württembergs Amateurkicker nach, um drei Aufsteiger in einer Doppelrunde zu ermitteln. Das erste Aufeinandertreffen zwischen Normannia Gmünd und der SpVgg 08 fand am 17. Mai 1958 im Schwerzer statt. Die Normannen gingen, angeheizt durch einen Siegeszug, als Favoriten ins Spiel, und 3.000 Zuschauer wollten sich die Partie nicht entgehen lassen. Vielleicht lag es ja an der Spielkleidung, denn die Neckarsulmer spielten in leuchtend roten Trikots, während die Normannen auf die gelb-weiße Ersatzkleidung zurückgriffen. Normannia kam nur durch einen von Hierholz verwandelten Handelfmeter zu einem Treffer und unterlag vor einem enttäuschten heimischen Publikum mit ebenso enttäuschender Spielweise 1:3. „Erfreulich war, daß die Massen beim Abmarsch und der Abfahrt dank der sich ausgezeichnet bewährenden Einbahnordnung in kürzester Zeit reibungslos und sicher vom Platz gebracht wurden“. Wenigestens dies klappte bei Normannia.

Das Rückspiel am 1. Juni 1958 wurde von der Presse zu einem Schicksalsspiel aufgebauscht, denn langsam ging es um die Aufstiegswurst. Wieder verwandelte Hierholz einen Handelfmeter, und wieder war es der einzige Normannia-Treffer, während Neckarsulm zwei Tore gutgeschrieben bekam. Der einzige Unterschied zum Gmünder Spiel bestand darin, dass Normannia diesmal die bessere Mannschaft war und auch nach Sicht neutraler und einheimischer Zuschauer eigentlich schon zur Halbzeit 3:1 hätte führen müssen.

Die Premiere in der höchsten württembergischen Liga brachte die Neckarsulmer am 17. August 1958 zum alten Menetekel Union Böckingen, und „am See“ blieben die Seehasen gegen die Neckarsulmer mit 4:0 Sieger. Nach einem spielfreien 24. August erlebte Neckarsulm am 31. August seine Amateurliga-Heimpremiere gegen die SpVgg 07 Ludwigsburg, wobei beide Mannschaften mit einem 1:1 zufrieden sein mußten. Mit einem ebenso ausgeglichen Tabellenstand schloß man die Saison ab. Das verflixte zweite Jahr wäre der SpVgg beinahe zum Verhängnis geworden, denn mit Platz 16 hätte man eigentlich den Gang zurück in die 2. Amateurliga antreten müssen. Allerdings wurde die Amateurliga geteilt, fortan spielten man in den Staffeln Nordwürttemberg und Schwarzwald-Bodensee, und Neckarsulm blieb folgerichtig in der höchsten Amateurklasse.

Ziemlich knapp stieg Neckarsulm 1961 wieder in die 2. Amateurliga ab. Zum rettenden Ufer, dass der SSV Ulm und der VfR Aalen okkupierten, fehlte nur ein Punkt. Souverän mit 10 Punkten Vorsprung vor Phönix Mühlacker und FV Markgröningen wurde die Meisterschaft geholt, und wieder traf Neckarsulm während einer Weltmeisterschaft auf Normannia in der diesmal nur aus 4 Mannschaften bestehenden Aufstiegsrunde. Diesmal siegten die Normannen in Neckarsulm mit 3:1 (27. Mai 1962), jedoch gingen die Neckarsulmer im Schwerzer am 3. Juni ebenfalls als 3:1-Sieger hervor. Am Ende stiegen hinter dem 1. FC Eislingen beide Mannschaften in die 1. Amateurliga auf, und nur der SV Stuttgart-Rot hatte das Nachsehen.

Der Saisonauftakt in der 1. Amateurliga brachte die SpVgg diesmal zum FV Zuffenhausen, und der Neuling behielt mit 1:0 am 19. August 1962 die Oberhand, was nach dem angewandten Divisionsverfahren sogar die Tabellenführung bedeutete. Das Böckinger Menetekel erwischten diesmal die Normannen, die von den „Seeräubern“ mit sage und schreibe 8:1 ausgeplündert wurden. Das erste Aufeinandertreffen beider Mannschaften in der höchsten württembergischen Liga fand am 30. September 1962 in Neckarsulm statt, die diese Begegnung auch souverän mit 4:2 für sich entscheiden konnten. Das Rückspiel im Schwerzer endete 1:1, und während Normannia wieder abstieg, konnte Neckarsulm einen erfolgreichen 7. Platz feiern.

Im Jahr der Bundesliga 1963/64 schrammte die SpVgg 08 nur knapp am Abstieg vorbei, der 1964/65 nicht mehr vermieden werden konnte. Dazwischen jedoch eroberte sich das Team in Echterdingen am 12. Juli 1964 vor 2.000 Zuschauer den WFV-Pokal mit einem 3:2-Sieg über den SV Spaichingen. Im Süddeutschen Pokal, der als Ausscheidung zum DFB-Pokal diente, unterlag man jedoch in der 1. Runde Anfang Oktober 1968 dem Altmeister VfR Mannheim mit 0:5.
In der 2. Amateurliga hingen die Trauben 1965/66 etwas höher als gewohnt. Neckarsulm konnte nur Platz 10 erringen, blieb aber im Stadtduell mit dem späteren Fusionspartner Sportfreunde Neckarsulm mit 4:0 und 1:1 Sieger. Nach Platz 6 und Platz 2 gelang endlich 1969 die Rückkehr ins Oberhaus.

Mit der Meisterschaft in der 2. Amateurliga war auch der erneute WFV-Pokalsieg gegen die Amateure des SSV 05 Reutlingen verbunden. Über Auswärtssiege beim SC Amorbach und Germania Bietigheim kam man über Verzicht des VfR Heilbronn – der an Aufsteigsspielen teilnahm – einem Sieg im Elfmeterschießen über den Rivalen Union Böckingen noch zu zwei deutlichen Angelegenheiten gegen TSV Höfingen und TG Biberach ins Endspiel. Urspünglich sollte das Finale wohl auf neutralem Boden in Tübingen stattfinden, wie es uns die Statistikseite des WFV und die Wikipedia noch als Endspielort verkaufen will, jedoch einigten sich die beiden Vereine, per Losentscheid auf ein Stadion der Endspielpartner zu einigen, und es wurde ein Neckarsulmer Endspiel. Allerdings, und damit wurde es doch wieder ein neutraler Endspielort, durch den Ausbau ihres Heimstadions verlegte die SpVgg ihr Heimrecht ins Stadion des VfR Heilbronn. Vor knapp 2.000 Zuschauern gingen die Neckarsulmer auch rasch in Führung, allerdings erkämpften sich die Reutlinger nach Aufholjagd die Verlängerung, in der Neckarsulm mit 4:2 der Sieger blieb.

Im Süddeutschen Pokal fiel dann das Los der Neckarsulmer auf – SSV 05 Reutlingen, diesmal allerdings nicht die Amateure, sondern die Regionalligamannschaft. Auf dem Hartplatz in Neckarsulm sahen die lediglich 800 Zuschauer eine Sensation der 1. Pokalrunde, denn der frisch gebackene Amateurligaaufsteiger bezwang die Vertragsspieler mit 2:1. Matchwinner bei Neckarsulm war wohl Horst Graf, der eigens für das Spiel seinen Italien-Urlaub unterbrach. Ein Mäzen hatte die Flugkosten übernommen, und diese Investition zahlte sich aus. Graf erzielte in der 56. Minute das 2:0, indem er in einem erstaunlichen Solo die gesamte Reutlinger Hintermannschaft ausspielte und Torwart Maaß keine Chance ließ. In der 2. Pokalrunde schied Neckarsulm gegen die Stuttgarter Kickers vor wieder 800 Zuschauern mit 0:3 aus. Neckarsulm hatte jedoch vor allem in der 2. Halbzeit zahlreiche Chancen und spielten seit der 32. Minute in Überzahl.

In der Liga wäre eigentlich der sofortige Abstieg eine eindeutige Angelegenheit gewesen – mit 19-41 Punkten war man Vorletzer und nur der FCTV Urbach war schlechter – da kam ein historisches Ereignis den Neckarsulmern zu Hilfe. Durch die Fusion der beiden Ligakonkurrenten TSG Ulm 1846 und 1. SSV Ulm zum SSV Ulm 1846 wurde ein Platz in der Liga frei, der von der SpVgg eingenommen wurde.
So kam es 1970/71 zum erneuten Aufeinandertreffen mit der Normannia, die als Neuling Platz 4 eroberte während Neckarsulm nun endgültig abstieg. Im Schwerzer errang die Normannia einen 4:0-Heimsieg, während die SpVgg im Gegenzug ihr Heimspiel mit 3:2 für sich entschied. Neckarsulm wurde nach dem Abstieg von der 2. Amateurliga direkt in die A-Klasse durchgereicht, wo allerdings postwendend die Meisterschaft geholt wurde. 1973/74 blieb gerade mal der erste Nichtabstiegsplatz zum Saisonabschluß, in den zwei folgenden Spielzeiten gab man sich mit einem Mittelfeldplatz zufrieden.

Mit nur 16-44 Punkten stieg Neckarsulm 1977 wieder in die A-Klasse ab, was dafür sorgte, das der Name Neckarsulm für ein ganzes Jahrzehnt in den Bezirk Unterland verschwand. Erst 1987 gelang die Rückkehr in die mittlerweile fünftklassige Landesliga, wo als Neuling der 12. Platz gehalten werden konnte. 1990 mußte jedoch zusammen mit dem SV Schluchtern der bittere Gang in die Bezirksliga Unterland angetreten werden, wiewohl die Neckarsulmer als Vorletzter den Meister und Aufsteiger TSF Ditzingen mit 5:3 nach Hause schickten.

In der Folge stürzte die SpVgg gar in die Kreisliga A ab, wo man auf Mannschaften traf, gegen die früher höchstens die Zweite antrat. 1997 wurde dieser Unfall wieder korrigiert, aber mehr als Bezirksliga war für Neckarsulm zunächst nicht drin. Erst 2006 gelang vor Lokalkonkurrent Türkspor Neckarsulm die Rückkehr in die Landesliga. Das erste Auftreten nach so langer endete mit einem enttäuschenden letzten Platz, und die Mannschaft versuchte es 2009 erneut als Landesligaaufsteiger. Mittlerweile erfolgte die Fusion mit den Sportfreunden Neckarsulm zur Neckarsulmer Sport-Union, wobei mit der Abkürzung NSU bewußt als Marke verstanden werden kann und auch im Volksmund seit Jahren für die Stadt verwendet wird. Lediglich das äußerst modern anmutende Grafiker-Logo stößt dem Fußballpuritaner in mir etwas auf. 

Die Sportfreunde hatten in ihrer Vergangenheit insgesamt 5 Jahre in der 2. Amateurliga gespielt (1957/58; 1960-63 und 1965/66), sonst aber keine größeren Spuren in der Fußballgeschichte hinterlassen.

In der mittlerweile nur noch siebtklassigen Landesliga konnte sich die neugegründete NSU behaupten, pirschte sich 2011 auf Platz 3 heran, ehe 2013 deutlich vor dem FV Löchgau die Meisterschaft und der Aufstieg in die Verbandsliga Württemberg gefeiert werden konnte. Auch hier kam es wieder zu den Duellen mit der Normannia, die am 19. Oktober 2013 mit 5:1 aus dem Pichterich gepeitscht wurden. Auch das Rückspiel am 10. Mai 2014 im Schwerzer endete aus Normanniasicht nur mit einem 2:2. 

Ausgerechnet mit einer Niederlage ist einer der größten Erfolge verbunden. Nachdem man in Großaspach das WFV-Pokalendspiel gegen den 1. FC Heidenheim mit 1:3 verlor, qualifizierte man sich dennoch für den DFB-Pokal, da zwischenzeitlich Dynamo Dresden ausgeschlossen wurde und Neckarsulm als Nachrücker die 1. Runde erreichte. Dort war zwar der 1. FC Kaiserslautern ziemlich deutlich Endstation, jedoch ist das Erlebnis DFB-Pokal unvergessen.

Auch die vergangene Saison sah die Normannia am Pichterich mit einer Niederlage, wenn auch diesmal „nur“ 1:2, während das Rückspiel das gleiche Ergebnis sah, jedoch wieder für die NSU.

In der aktuellen Spielzeit ließ ausgerechnet am letzten Spieltag die Neckarsulmer SU mit einem 5:0-Auswärtssieg beim FC 07 Albstadt aufhorchen, und man ging nach der Gmünder Arbeitsverweigerung gegenGöppingen mit gemischten Gefühlen an den Neckar. Mir wurde dankbarerweise ein Platz im Mannschaftsbus freigehalten, so daß die Anfahrt in die Stadt des Deutschen Ritterordens schon geklärt war.

Der Busfahrer stellte sich als Erich aus Bartholomä und Zeitzeuge besonderer Art, hatte er schon einmal die Normannia zu einem Auswärtsspiel gefahren. Dies war zur Ära von Trainer Albert Barth, und damals benötigte die Mannschaft einen Punkt beim direkten Verfolger SV Altenberg, um die Rückkehr in die Landesliga zu feiern. Das muß im Mai 1986 gewesen sein, als noch Namen wie Dieter Engelhardt, Michael Blötscher oder Sadija Sadovic in der Mannschaftsaufstellung zu finden waren. Dieser Punkt wurde geholt, und die Rückfahrt sei in einer einzigen Feierorgie versandet.

Neckarsulm ist nicht nur durch die NSU bekannt, sondern auch durch die NSU. Eine Oldtimer-Veranstaltung von Audi-NSU-Fans zwang den Reisebus zu ziemlichen Schleichfahrten ans Stadion Pichterich. 

Sonnenterasse mit Logenblick aufs Spielfeld
Sympatisch ist die Neckarsulmer SU in meinen Augen, weil der Gesamtverein eine Rugbyabteilung in ihre Reihen hat. Im Pichterich jedoch beherrschen die Anlagen für die Leichtathleten die Szenerie, und durch die Laufbahn ist man als Stehplatzzuschauer nicht gerade mit der Sicht begünstigt. Alternativ wäre höchstens noch die "Sonnenterasse" vor dem Vereinsheim zu empfehlen. Zumindest kann man von dort oben das Normannia-Dreiergestirn in Ruhe abfotografieren.


 Die "Drei" war dann auch das magische Stichwort, denn Coach Beniamino Molinari ging das Spiel mit drei Sturmspitzen an. Ich durfte derweil mein Busticket abarbeiten und zog die orangefarbene Weste eines WFV-Ordners an. Das hatte wenigstens den Vorteil, einmal bei Normannia im Spielberichtsbogen aufzutauchen. Mehr Karriere geht einfach nicht.


Mag die Tartanbahn für den Fußballfreund ungünstig sein - für die NSU bleibt sie zumindest vorteilhaft, um darauf die Balljungen zu platzieren. Richtig gehört, Balljungen, womit man wohl dem Umstand rechenschaft schuldet, dass die Anlage sehr weitläufig ist und man die alte Bolzplatzregel, "wer ihn rausschießt, holt ihn auch", wohl schlecht auf die Verbandsliga anwenden kann. nur der Balljunge mit dem Elfertrikot ist ein klein wenig benachteiligt - stehen ihm doch mit Gaetano Molinario und Nico Schoch die gar grässlich lauten Normannia-Fans im Rücken. Aber seinem Ehrenamt kam er tapfer und gewissenhaft nach.

Kleiner aber lauter Anhang










Zu den großen Fußballklassikern wird dieses dreizehnte Aufeinandertreffen zwischen Neckarsulm und Normannia gewiss nicht zählen. Allerdings begann die Partie aus stauferstädtischer Sicht sehr verheißungsvoll. Bereits nach zehn Minuten erlebten die 150 Zuschauer die 1:0-Führung der Normannen durch Timo Zimmer. An diesem Tor waren sinnigerweise die Stationen Felix Bauer und Manuel Seitz beteiligt, so daß sich des Trainers Drei-Stürmer-Taktik durchsetzte.

Aus schlechter Sicht der Spielerjubel zum 1:0.
Aus besserer Sicht der Fanjubel zum 1:0.
Nun stand Neckarsulm ja nicht rein zufällig auf Platz 2 der Tabelle, und folgerichtig erhöhte der Gastgeber auch den Druck auf das Tor von Kiki Kühnle, der auch alle Hände voll zu tun hatte. Verhindern konnte er jedoch auch nicht, dass NSU-Kapitän Martin Hess bereits in der 26. Minute den Ball nach erfolgreichem Torschuß aus dem Netz fischte und Richtung Anspielpunkt transportierte.



Natürlich versuchten die Hausherren, den Druck beizubehalten, blieben aber in ihrem bemühen, das 2:1 folgen zu lassen erfolglos. Der Pausenstand sah ein 1:1 und die NSU-Jugendlichen, die wie in unzählig anderen Stadien auch zur Pause für die Jugend sammelten. "Immer kriegt man nur von den Anderen" bruddelte so ein zukünftiger NSU-Star zu seinen Freunden, nachdem Mario ein paar Münzen in die Fußball-Sparkasse warf.


Halbzeit im Pichterich
Machen wir es kurz, denn wer bis dahin gelesen hat, hat eh schon zu viele Buchstaben verarbeitet.

Nach dem Seitenwechsel ließ NSU den Druck etwas schleifen, was den Normannen Gelegenheit gab, durch schnelles Flügelspiel den Ball erneut zu versenken. Der eingewechselte Marius Nuding wuselte oft genug an meiner Linse vorbei, nur verpichterte sich der Normannia-Abschluß - Marcel Susser hatte wohl keine Lust mehr, hinter sich zu greifen.

Ist es ein Vogel? Nein! Ein Flugzeug? Nein! Es ist Super Marius!
Chancen waren auf beiden Seiten da - mit der Verrwertung haperte es, wobei Normannia seit der 78. Minute auch noch in Überzahl spielte.

Kurz vor Schluß dann die Omnichance für den FCN. Schiedsrichter Hildebrandt zeigt nach einer von Marvin Leonhardt verschuldeten Aktion auf den Punkt, und Benjamin Barth hat die Gelegenheit, den ersten Auswärtssieg in Neckarsulm nach 19.466 Tagen zu erzwingen. Doch dem Elfmeterschuß fehlte die nötige Ernst für diese historische Stunde, Torwart Susser hechtet goldrichtig und rettet dem Gastgeber den Punkt.

Elfmeterpfiff...
...ohne historische Konsequenz










Am Ende jubelt nur der Balljunge, als die Partie abgepfiffen wird. Beide Mannschaften waren mit der Ausbeute nicht zufrieden. Auch ich hielt zunächst das wohltemperierte Pils als das größte Erfolgserlebnis am Pichterich, wiewohl ich vor dem Spiel mit einem 1:1 zufrieden gewesen wäre.

Wenigstens der Balljunge freut sich



Jetzt, nachdem man drüber geschlafen, sieht man die Situation wieder entspannter. Natürlich war mehr drin. Im Gegenzug darf die Vereinsbrille nicht darüber hinwegtäuschen, das es auch deutlich anders hätte ausgehen können. Wer zuvor das Spiel gegen Göppingen sah, wird auch den Normannia-Einsatz positiv hervorheben. Und 19.466 Tage ohne Sieg in Neckarsulm, was ist das schon? Dann warten wir halt noch ein paar Tage mehr. Beim nächsten mal klappts dann auch.


Spielbericht