Lorbeer für den Sieger - Normannia nach einem historischen Sieg |
"And gentlemen in England now-a-bed
Shall think themselves accurs’d they were not here,
And hold their manhoods cheap whiles any speaks
That fought with us upon Saint Crispin’s day."
William Shakespeare, Henry V.
Es dauerte mehr als ein Schwabenalter um Geschichte zu schreiben. Aber das warten hat sich wohl gelohnt, und "Edelfans in Gmünd, jetzt vor Sky Sports, verfluchen einst, daß sie nicht hier gewesen, und werden kleinlaut, wenn nur jemand spricht, der mit uns focht in Schwäbisch Hall". Pathetische Worte, gewiss, aber man wird nur selten Zeitzeuge einer Zeitenwende.
Doch zunächst ein Griff ins verstaubte Archiv des Spätzlesblogger, um diese Gefühlswelten nachvollziehbarer zu machen. Wir schreiben den 19. Dezember 1971, und im Normanniastadion siegt die Schwerzerelf in der 1. Amateurliga Nordwürttemberg - damals immerhin dritthöchste Spielklasse - gegen den Aufsteiger aus Schwäbisch Hall mit 2:1, nachdem das Hinspiel in Hohenlohe am 5. Spieltag mit 1:0 verloren ging.
Was damals niemand ahnen konnte - für über 40 Jahre blieb das der einzige Erfolg der Normannen in einem Ligaspiel. Zugegeben, Schuld daran war zum Teil, das weder Hall noch Gmünd besonders häufig aufeinandertrafen - sowohl die Sportfreunde als auch die Normannen hatten seit 1971 ihre Hochs und Tiefs. Erstaunlich ist es aber schon, wenn man sich vorstellt, das vom aktuellen Team beim letzten Normanniasieg noch niemand geboren war, Fußballbereichsleiter Heinz Eyrainer noch selber aktiv gegen den Ball trat und ich noch völlig sorglos in die Windeln machte. Auch im Fußball änderte sich seitdem viel - keine 1. Amateurliga mehr, kein SV Rehnenhof, der in derselben auf Normannia traf, und auch vom TSF Esslingen hört man lange nichts mehr. Eine ausführlichere Geschichte der Haller Sportfreunde hatte ich beim ersten Besuch 2013/14 geschrieben.
Für die Schwerzerelf um Beniamino Molinario sind solche historische Statistiken sicherlich ein nettes Schmankerl, mehr aber auch nicht. Denn die volle Konzentration der Elf aus der Stauferstadt gilt der aktuellen Lage, und die Spielfreude, die die Mannschaft an den Tag legt, ist eine gute Werbung für den Amateurfußball und muß einen Vergleich mit der Vergangenheit nicht scheuen.
Direkter Vergleich (nur Liga) |
Gaetano, ein echter "alder Seggl" |
Bredi als doppeltes Unikat |
Apropos "Alde Seggl": unser optisches und moralisches Vorbild war ebenfalls mit von der Partie und zierte die Bande im Schenkenseestadion, um den von Nico Schoch drapierten Banner- und Fahnenmeer Gesellschaft zu leisten.
Auftakt zum Showdown am Kocher |
90 Minuten schräge Fangesänge und lauthalses Herumgrakelen sind natürlich antrengend, aber wir taten unser bestes und ich hoffe zumindest, das wir uns gräuslich anhörten. Auf der Gegengerade, wo die kleine Sprecherkabine stand, hörten wir uns bestimmt an wie ein Hund, den eine Planierraupe über die Pfoten fährt. Also allerbeste Einschüchterungsqualität. Derweil begrüßte der Sprecher die Gäste aus Normannia Gmünd, nicht Schwäbisch Gmünd.
Gaetano und wie er das Spiel sah. |
Torraumszene vor dem Haller Tor. |
Die erste Halbzeit im windumspielten Schenkensee gehörte den Gastgebern, das muß man neidlos eingestehen, wenn auch die Überlegenheit nicht drückend war. Aufregung herrschte alsbald, als ein Handelfmeter gegen Normannia gepfiffen wurde. Düstere Vorahnungen kamen in mir auf, aber Magnus Burkhart bewies, das ich von Fußball keine Ahnung habe, indem er eiskalt wie Bruce Willis den Elfer parierte.
Zur Sättigung in der Halbzeitpause bot der Heimverein Stadionwurst, Rostbratwurst und Fleischküchle nebst einigen Kuchen an. Ansprechender war hingegen das Haller Löwenbräu.
Rechts das Banner, links der einzige tapfere und lautstarke Fan der Sportfreunde Schwäbisch Hall. |
In der 60. Minute schlug sie dann auch wirklich und leibhaftig. Marvin Gnaase trägt sich nämlich in die Torschützenliste ein, bringt plötzlich Hoffnung zu den Fans, diese fast 44jährige Schmach endlich nicht wieder geschehen zu lassen.
Der Schiri zeigt zur Mitte, die Normannia-Spieler jubeln: Marvin Gnaase hat das 1:0 für Gmünd erzielt. |
Felix Bauer macht die Geschichte amtlich: 2:0 |
"And we were singing, hymns and arias..."
Es ist vollbracht! 44 Jahre sind auch wirklich genug. Und das waren die Recken des 11. April 2015: Magnus Burkhardt; Jochen Baß; Marcel Funk (46. Manuel Seitz); Patrick Krätschmer; Felix Bauer (87. Daniel Glück); Marvin Gnaase; Gabriel Simion; Mihael Jakovljevic; Guiseppe Catizone (75. Timo Zimmer); Musa Ayaz und Tobias Ex. Den Trainer Beniamino Molinari natürlich nicht vergessen. Merkt euch die Namen gut: womöglich dauert es wieder 44 Jahre, bis ein neues Team einen Sieg in Schwäbisch Hall holt.
Wenigstens die Erfolglosigkeit in Hall hat sich geändert. Gleichgeblieben ist nur mein Wunsch für Schwäbisch Hall von der Vorsaison: das der Verein mehr Zuschauer ins Stadion lockt. Aber vielleicht bringt ja wirklich der neue Sportpark auch neue Impulse in die Stadt.
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