Samstag, 10. Mai 2014

Zurückgeblättert (2) - Rückblick auf die Meisterschaft und Vorschau auf 1932/33

Die Meisterelf der Normannia, die bei den Aufstiegsspielen 1931/32
so glänzend abgeschnitten hat. Bildtext und Foto: Rems-Zeitung (Juli 1932)
Die Spieler brauchten eine Weile, um des Geschehene zu begreifen. Als sie am Abend Gmünd erreichten, da hatte sich ihr Erfolg bereits herumgesprochen, und die Gold- und Silberstadt war auf den Beinen, um ihren Fußballhelden einen begeisternden Empfang zu bereiten. Jener 19. Juni 1932 war für Normannia Gmünd einer der größten Erfolge der Vereinsgeschichte, zum damaligen Zeitpunkt der Erfolg schlechthin. Zum zweiten Mal nach der schon zur Legende gewordenen Saison 1921/22 spielte Normannia in der obersten Fußballklasse, der Bezirksliga Württemberg. Im letzten Aufstiegsspiel in Pforzheim schlugen die Normannen den FV 09 Niefern mit 3:1 und setzte sich an die Spitze der Aufstiegsrunde, schmückte sich gar mit dem Titel eines Aufstiegsmeisters.

Alles begann mit einer Ligareform. Der Unterbau zur Bezirksliga Württemberg war zunächst in 4 Kreisligen aufgeteilt. Der 1. FC Normannia kämpfte hierbei mit mäßigen Erfolg in der Kreisliga Cannstatt, oft genug sogar gegen den Abstieg. Die Wende kam mit dem Schluß der Saison 1930/31. Der Verband (Normannia war übrigens wieder nur Drittletzter geworden) bastelte aus Mannschaften der beiden Kreisligen Cannstatt (Normannia Gmünd, VfR Aalen und 1. FC Urbach) und Zollen (1. Göppinger SV, VfB Kirchheim, 1. FC Donzdorf, SC Göppingen 09 und 1. FC Eislingen) die neue Kreisliga Hohenstaufen. Hinzu kamen noch die beiden Aufsteiger 1. FC Uhingen und SV Schorndorf.

Die neue Liga schmeckte den Normannen gut. In 18 Spielen gab es lediglich eine Niederlage und drei Unentschieden, und am Ende der Saison durfte man sich mit vier Punkten Vorsprung vor dem Lokalrivalen Göppinger SV als erster Kreismeister Hohenstaufen feiern lassen.

        1. 1. FC Normannia Gmünd     66:20    31-5
        2. 1. Göppinger SV                 62:25    27-9
        3. VfB 1911 Kirchheim            55:34    25-11
        4. VfR Aalen                          51:41    23-13
        5. SV Schorndorf (N)              45:45    16-20
        6. SC Göppingen 09               28:30    15-21
        7. 1. FC Eislingen                  33:38    14-22
        8. 1. FC Donzdorf                   40:78    12-24
        9. 1. FC Urbach                      35:57    12-24
        10. 1. FC Uhingen (N)               19:66      5-31
Von den A-Klassenmeistern setzten sich FV 08 Unterkochen und FV Vorwärts Faurndau durch, die 1932/33 in der Kreisliga um Punkte kämpften.

Die Meisterschaft in der Hohenstaufenliga war allerdings nur der erste Schritt. Die Schwerzer-Elf mußte sich nun in Aufstiegsspielen gegen fünf weitere Kreismeister bewähren. In Gmünd blieb man verhalten optimistisch, was diese Spiele anging. "Zu zeigen und zu versuchen, ob das Können und die Kraft ausreicht, um diese schweren Spiele durchzustehen", lautete die von der Vereinsführung ausgegebene Devise, zugleich sollten der Kreis Hohenstaufen, die Stadt und der Verein würdig vertreten werden. Am stärksten wurde die Stuttgarter Konkurrenz eingeschätzt. In der Kreisliga Cannstatt setzte sich der Traditionsclub Stuttgarter SC mit seiner starken Offensive durch, und allgemein galt der SSC als Favorit für einen der beiden Aufstiegsplätze. Ähnlich dominant zogen die Sportfreunde Stuttgart in der Kreisliga Alt-Württemberg ihre Bahnen. Der Weg in die Bezirksliga konnte nur über die beiden starken Stuttgarter errungen werden. Die anderen Teilnehmer waren aus der Kreisliga Enz-Neckar der FV 09 Niefern, der Zuhause ohne Punktverlust blieb und als Zünglein an der Waage angesehen werden konnte. Der FC Tailfingen verteidigte in der Kreisliga Zollern seinen Titel, wenn auch knapp vor dem SV 05 Reutlingen. Als Außenseiter wurde der Meister der Kreisliga Hohenlohe, die Sportfreunde Heilbronn angesehen, die als Neuling direkt zur Ligameisterschaft marschierten.

Die Aufstiegsspiele


Gleich das erste Aufstiegsspiel brachte die Stuttgarter Sportfreunde in den Schwerzer, und in einem dramatischen Spiel blieb die Normannia mit 3:2 Sieger. Dann folgte die lange Fahrt in die südliche Alb zum Tabellenführer FC Tailfingen, die sehr selbstbewußt nach dem ersten Spiel - immerhin 4:2 beim favorisierten Stuttgarter SC -  auf die Gmünder warteten. Hier erkämpfte sich Normannia ein 1:1. Die Sportfreunde Heilbronn fuhren mit einem 0:6 aus Gmünd zurück, bevor die Normannia zum Spitzenspiel an den Stuttgarter Gaskessel fuhr. Das Glück verließ die Normannen, der SSC behielt deutlich mit 3:0 die Oberhand. Es folgte das aufregendste der Gmünder Aufstiegsspiele. Im Schwerzer empfingen die Normannen den FV Niefern, und nach 90 Minuten herrschte Erleichterung im Gmünder Lager, denn man behielt mit dem kuriosen Ergebnis von 6:5 die Oberhand.

Es entwickelte sich ein Dreikampf um die zwei Aufstiegsplätze: die beiden Stuttgarter Vereine gegen die Normannia aus Gmünd. Das Rückspiel bei den Sportfreunden Stuttgart blieb wieder erfolgreich für den FCN, anschließend schlug man die Tailfinger im Schwerzer mit 3:2 und blieb auch in Heilbronn Sieger. Nachdem im vorletzten Spiel die Normannen Zuhause gegen den Stuttgarter SC mit 1:3 unterlagen, entschied sich jetzt alles im letzten Spiel in Pforzheim. Mit 3:1 fuhren die Gmünder den gastgebenden FV Niefern an die Wand, und das unerwartete trat ein: Normannia Gmünd wurde Aufstiegsmeister und würde im Folgejahr in der obersten Fußballklasse antreten. Ebenfalls stieg der Stuttgarter Sportclub auf, der den Normannen in beiden Spielen Niederlagen beibrachte. Nutznießer der Normannia-Aufstiegs war auch der 1. FC Urbach, der somit durch die Hintertür den Klassenerhalt in der Kreisliga feiern konnte.


Die unter Leitung von Josef Pauser stehende Elf sah mit gespannter Erwartung auf die kommenden Aufgaben. Die Stammspieler des Triumphes hießen in der klassischen Aufstellung (2 Verteidiger, 3 Läufer, 5 Stürmer) Stadelmaier - Hägele, Debler - Hefele, Rein, Blattner - Ströbele, Stütz, Mezger, Butz, Schwegler. Zudem kamen noch Ackermann, Brenner, Schierle und Stegmaier zu Einsätzen.

Bezirksliga Württemberg 1932/33


Im Normannia-Lager war man realistisch genug einzusehen, dass die kommende Spielzeit mehr als hart werden würde. Ein Selbstläufer würde die Zugehörigkeit unter den 10 besten Teams nicht werden. Ernst Haug, der legendäre und beliebte Sportreporter der Rems-Zeitung, analysierte in seinem Vorbericht treffend: "Bange machen gibt es nicht. Es war schon nicht leicht, die Höhe zu erreichen und schwerer wird es ganz bestimmt sein, sie zu halten.

Ich habe mal versucht, mit Hilfe von Google-Maps eine Übersicht über die teilnehmenden Vereine zu basteln. Man sieht sehr schön die Konzentration um Stuttgart (5 Vereine) und Pforzheim (3 Vereine). Böckingen und Gmünd stehen wie einsame Außenposten am geographischen Rand der Liga. In der Vorsasion stiegen der FV Zuffenhausen und der VfR Heilbronn ab - beides spielstarke und angesehene Vereine - und auf die beiden Neulinge warteten illustre Namen.

Da war zum einen der Ligameister 1. FC Pforzheim, der mit Auswahlspieler Merz einen der besten Kicker Süddeutschlands ins Rennen schickte. Bei den Entscheidungsspielen in Süddeutschland blieb der Club allerdings ohne Einfluß gegen Bayern München und 1. FC Nürnberg, und der Süddeutsche Meister und deutsche Vizemeister von 1906 schloß mit dem 4. Platz ab. Noch schlechter erging es dem VfB Stuttgart, dem Zweiten der Liga, der in der Süddeutschen abgeschlagen Letzter wurde, sogar noch hinter Rastatt.

Diese beiden Mannschaften zählten auch in der neuen Ligarunde zu den Favoriten auf den württembergischen Titel. Ebenfalls auf der Rechnung haben mußte man die Stuttgarter Kickers, den Süddeutschen Pokalsieger. Die Vorsaison verlief zwar mit dem 7. Platz ziemlich schlecht für die Degerlocher. Auf der Rechnung mußte man den Patenverein der Gmünder Normannia allerdings immer.

Ein Rätsel blieben die beiden Aufsteiger der vergangenen Spielzeit. Nach einen fast schon sensationellen 3. und 4. Platz für die kecken Neulinge Sportfreunde 02 Eßlingen und SV 98 Feuerbach - die Teilnahme an der Süddeutschen Meisterschaft war in greifbarer Nähe - rätselte man in den Fußballkreisen, ob dieser Erfolg wiederholt werden konnte.

Den neben dem 1. FC Pforzheim beiden anderen badischen "Gastarbeiter" Germania Brötzingen und 1. FC Birkenfeld wurden Plätze im Mittelfeld zugetraut.

Das Feld vervollständigte der FV Union Böckingen, der in der Vergangenheit oft genug als "launische Diva" durch die Saison ging und nach dem Abstieg des Lokalrivalen VfR Heilbronn alleine das Unterland vertrat. Böckingen hatte eine verwachsene Saison mit einem Mittelfeldplatz hinter sich. Zu rechnen hatte man mit den Seeräubern allerdings immer.

Schwer genug also für die Gmünder, in der Spielzeit zu bestehen. Erschwerend kam hinzu, dass vom Süddeutschen Verband eine Spielsperre für den Juli verhängt wurde. So blieb der Normannia als Vorbereitung nur ein einzige Spiel, der Rest mußte durch Trainingseinheiten ergänzt werden, die nach einer vierzehntägigen Pause auch wieder aufgenommen wurde.

Das Programm der Normannia für die Hinrunde 1932 sah wie folgt aus:
      • 16. Juli: Siegesfeier im katholischen Vereinshaus (heute "Pelikan")
      • 31. Juli: 1. FC Nürnberg II (Freundschaftsspiel, H)
      • 7. August: Stuttgarter Kickers (A)
      • 14. August: 1. FC Pforzheim (H)
      • 21. August: SV 98 Feuerbach (A)
      • 28. August: FC Germania Brötzingen (H)
      • 4. September: Stuttgarter SC (H)
      • 11. September: 1. FC Birkenfeld (A)
      • 18. September: VfB Stuttgart (H)
      • 25. September: FV 08 Union Böckingen (A)
      • 2. Oktober: Sportfreunde 02 Eßlingen (H)
Die zweite Mannschaft der Normannia, die 1932 ebenfalls die Meisterschaft der Reserverunde in der Kreisliga gewonnen hatte, würde mit Ausnahme der Spiele gegen Brötzingen und Birkenfeld ebenfalls an der Reserverunde der Bezirksliga teilnehmen. Für die dritte Mannschaft der Normannia, im Vorjahr im Mittelfeld der B-Klasse, Gruppe Rems, würde erneut versuchen, gegen die Konkurrenz der Umgebung zu bestehen.

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