Sonntag, 6. April 2014

Tag der Heimpleiten - FC Normannia Gmünd gegen VfB Neckarrems

Hatten vor und nach dem Spiel gut lachen.
Die mitgereisten Anhänger des VfB Neckarrems.

Es ist nicht einmal ein schwacher Trost zu wissen, dass sich der FCN am 22. Spieltag der württembergischen Verbandsliga nur in eine lange Reihe von - nennen wir es mal positiv - "in Bezug auf die Punkt- und Torausbeute aus Sicht der Heimmannschaft nicht gerade erfolgreich verlaufenen Spielbegnung" anschließt.

Größter Paukenschlag war gewiss die 0:1-Heimpleite des VfR Aalen II gegen den FC Wangen 05, wo Nici Jann mit einem Schuß aus 20 Metern Entfernung das Tor des Tages erzielte. Der SV Böblingen kämpft sich mit einem 1:0-Auswärtssieg beim Göppinger SV aus den Direktabstiegsplätzen heraus. Nagold, unser nächster Gegner, gewinnt 1:0 beim SV Bonlanden, und just unser FC Normannia unterliegt 0:1 gegen den VfB Neckarrems.
Die anderen Ergebnisse endeten Unentschieden, und sollte es beim Sonntagsspiel zwischen Großaspach II und den Sportfreunden Schwäbisch Hall einen Sieger geben, so dürften das nur die blau-weißen Kicker aus der Salzsiederstadt mit einem 0:1 sein. Ich muß eben mal ins Wettbüro... [Nachtrag: Die Haller gewannen tatsächlich mit 2:0; Heimpleitentag komplett]

Nein, es ist überhaupt kein Trost. Normannia hat ein Heimspiel verloren, rutscht in der Tabelle weiter ab und steht in der Tabelle nur noch drei Punkte vor der Reserve der Großaspacher. Es geht zu wie im Treibsand: je mehr sich Normannia wehrt, desto tiefer rutscht sie ab.

Die 320 Zuschauer im Schwerzer sahen eine andere Normannia, als noch vor Wochenfrist in Schwäbisch Hall. Diesmal stellte sich die Mannschaft nicht tot wie ein Opossum, sondern änderte die Taktik auch "immer feste druff wie Blücher". Dass das Spiel spannend war zeigt sich dadurch, dass ich so gut wie keine Bilder gemacht habe, sondern mich ganz auf das Geschehen des Rasens konzentrierte. Leider ohne Happy End. Ich bin zwar ein großer Freund Shakespear'scher Dramen, im echten Leben möchte ich jedoch darauf verzichten.

Der Reihe nach. Mit dem VfB Neckarrems gastierte eine unbequeme Mannschaft im Schwerzer, spezialisiert auf gefährliche Konter, wie mir Bredi beim Eintreffen im Vereinsheim erläutert. Auch wenn das Hinspiel mit 1:0 für die Normannen ausging: der VfB ist eine Elf, mit der man rechnen muß.

Eigentlich gastiert ja gar nicht der 1913 gegründete VfB in Gmünd - der Mehrspartenverein mußte im Jahr seines hundertjährigen Jubiläums Insolvenz anmelden - sondern die aus dem Mutterverein herausgelöste Fußballabteilung, die unter der Bezeichnung VfB Neckarrems Fußball oder ganz offiziell unter dem sehr einprägsamen Namen VfB Neckarrems - Fußball in Remseck am Neckar e.V. aufläuft. Auf den Fußballtassen steht schlicht und einfach "Remser", was dann auch mehr auf die Bevölkerung übertragbar ist.

Trotz der über hundertjährigen Geschichte des Fußballs in Remseck trat der VfB in der überregionalen Geschichte relativ spät in Erscheinung, dafür aber umso rasanter. Trat man lange Zeit in der Bezirksliga Enz/Murr gegen abgestürzte Traditionsvereine wie FV Kornwestheim, FC Marbach oder TSV Eltingen an, so gelang 2006 der Aufstieg in die Landesliga Staffel 1, die bereits 2009 Richtung Verbandsliga Württemberg verlassen wurde. Damit nicht genug gingen die Remser als kecker Neuling mit dem 2. Platz - punktgleich mit dem Lokalrivalen SpVgg Ludwigsburg - in die Relegation zur Oberliga Baden-Württemberg, die gegen den badischen Vertreter Germania Friedrichstal auch noch erfolgreich verlief. Neckarrems erwies sich dabei auch als Zuschauerkrösus der Verbandsliga, im Schnitt sahen 513 Menschen den VfB im heimischen Geläuf, Neckarrems war hungrig auf Fußball.
In der Oberliga tanzte das Team allerdings nur einen Sommer, und ist seitdem im Mittelfeld der Verbandsliga anzutreffen.

Zahlreiche mitgereisten Anhänger des VfB sorgen für einen schwarz-roten Tag im Schwerzer - einzig der erhoffte Anhänger mit der Fankutte fehlt, den ich gerne für Hardy Grüne abgelichtet hätte. "Da sind ja mehr vom VfB als von der Normannia im Stadion" meint ein Remser zu mir. "Des isch in Gmend koi großes Kunststück" erwidere ich. Die Remser Anhänger sind in der Tat optisch auffällig, fast jeder ist mit Schal unterwegs. Akkustisch ist im Spiel allerdings nichts zu hören. Im Hinspiel müssen sie, wie Bredi berichtete, auf die lautstarken "FCN"-Rufe der Normannia immer mit "CDU" geantwortet haben. Als sie so freundlich sind um für mein Gruppenfoto zu posieren, rufen sie auch zuversichtlich "Vorwärts die Roten!". Daraufhin erwidere ich scherzend: "Gerne. Das ist auch unser Schlachtruf". Beide Mannschaften spielen traditionell in Rot, heute müssen die Gäste jedoch in Hellblau-Weiß auflaufen.

Trugen auch zur Anfeuerung bei.
Jugendliche des FC Normannia.
Nun gut, die Lärmpegel-Hohheit liegt bei den Anhänger der Normannia, und sicherheitshalber entschuldige ich mich beim FCN-Präsident Albert Klammer für etwaige Anzeigen wegen Ruhestörung. "Ach was", meint er sichtlich gutgelaunt, "das ist doch gut so. Genau so soll es sein".

Das benachbarte "Rentereck" ist auch gut gelaunt, ich versuche doch gleich einmal, lautstarke Unterstützung einzufordern. "Sie haben doch damals bestimmt noch die Hochphase des Vereins erlebt, als die Zuschauer den Schwerzer zum beben brachte?" frage ich solch' einen Veteran, nicht ohne Hintergedanke. "Oh ja, des stimmt wohl, da gings domals rond hier!" - "Dann zeiget se ons Jungspund doch, wie ma es richtig macht und feurat se die Normannia mal richtig a..." - "Ach... damals gings ja no um ebbes, des isch heut ja nemme so..." redet er sich lächelnd heraus.

Wenn es schon nicht regnet, machen
wir den Rasen nass.
Die Remser Reserve.
Wie erwähnt steht eine andere Normannia auf dem Platz. Trainer Patrick Widmann muß seinen Jungs nach dem Hall-Spiel ordentlich die Ohren langezogen haben, zumindest kämpfen sie. Dennoch gelingt es nicht, die starke Defensive der Neckarremser auszuhebeln. "Da hilft alles schreien nicht", wie es letzte Woche in Hall zu mir hieß.

Vieles kommt zusammen. Die Führung der Gäste, der Ausfall von Kapitän Molinari, der während des Spiels ausgewechselt werden muß. Und natürlich der Schiedsrichter, der der Normannia einen klaren Elfmeter verweigert, der zumindest den Ausgleich hätte herstellen können. Viele hadern mit dem Mann in Schwarz, schon lange habe nicht mehr gehört, wie "Schieber! Schieber!" nach Spielende aus dem Publikum in Richtung des Schiri gerufen wird. "Zückt der gerade eine gelbe Karte, oder schaut der noch mal auf seinen Wettschein?" höre ich während des Spiels aus dem Publikums.

Im Duell der Tabellennachbarn gehen die Neckarremser als Sieger aus einem Spiel hervor, das eigentlich keinen Sieger verdient hat. Letztlich verdient, da sie ihre Chancen konsequenter nutzten. Normannia steckt wieder im Abstiegsstrudel, muß jetzt zum Kellerduell nach Nagold.

In alter Zeit hieß es in vergleichbaren Situationen im Schwerzer stets, "jetzt im Unglück nun erst recht!"
Mit diesem Kampfruf der Altvorderen auf den Lippen müssen die Normannen im Schwarzwald auftreten, müssen rennen, brennen, schießen, siegen! Jedes Spiel ist jetzt ein Endspiel. "Forza Normannia!"

Spielberichte:
Bietigheimer Zeitung: PAscal Hemmerich erzielt das goldene Tor
VfB Neckarrems
Rems-Zeitung: FCN verliert Heimspiel mit 0:1
schwäbische.de: Viel Schlimmer geht's nimmer

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