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Mittwoch, 18. November 2015

Der Charme des Südens - Ein Tag mit dem TV Derendingen

Spätzleskicker in bester Gesellschaft: TV 1900 Derendingen 
Eine Reise in den Süden ist für andere schick und fein“ trällerte einstens Conny Froboess, und wenn ich nun auch kein Italiener bin, so zog es mich doch mal wieder in den Süden, genauer gesagt in die ehemalige Landeshauptstadt des vormaligen Landes Württemberg-Hohenzollern. Hier, im Herzen Südwürttembergs, wollte ich es mir nicht nehmen lassen, den Balltreterinnen und Balltretern der Tübinger Südstadt meine Aufwartung zu machen. Als untreue Tomate und verlorener Stiefsohn des TV Derendingen hatte ich mich zuletzt im Oktober 2014 bei meiner Fernbeziehung blicken lassen. Ein Besuch war also längst überfällig, um alte Freundschaften wieder aufzufrischen.


Mittlerweile hat sich ja auch vieles ver- und geändert. Bezirksligatrainer Peter Kaschuba beispielsweise suchte und fand neue Aufgaben beim Ligakonkurrenten TSV Gomaringen, und ebenso fehlte Mouhamed Arfaoui in der TVD-Sturmspitze. Auch die Frauen mußten mit ihrer langjährigen Keeperin Melanie Bölzle und Torgarantin Tina Wurster schmerzliche Verluste hinnehmen. Auch im Spielbetrieb lief es nicht rund. Die Frauen im „verflixten 2. Jahr“ der Regionalliga Süd standen mit nur einem Punkt am Ende der Tabelle, und auch die Männer – im Vorjahr noch im oberen Mittelfeld anzutreffen – gurkten plötzlich in Richtung Kreisliga A herum. Also wirklich allerhöchste Zeit, den Steinlach-Kickern am „kleinen Bökelberg des Südens“ wieder höchstpersönlich die Daumen zu drücken.

Im Süden, so wird allgemein suggeriert, ist es warm. In der Tat war der Sonntag unanständig warm für einen Novembertag, und ich bereute die Lagen an Kleidungsstücken, die ich vorsichterweise über meinen Körper legte. Gleichwohl war die beliebte Promenade an der Steinlach ob dieses herrlichen Wetters mehr als bevölkert: Jogger, Radfahrer, Spaziergänger mit und ohne Hund – kurz: das gesamte Potpourri einen vergnüglichen Sonntagnachmittags bei Sonnenschein. Und mittendrin ein Gmünder mit TVD-Schal um den Hals, dem es eigentlich viel zu warm mit selbigen war. Aber es heißt ja nun mal „Farbe zeigen“, und Tübingen ist nicht Rot-Weiß wegen der TSG Tübingen! Zumindest bei mir…

Bei meinem Eintreffen am „Bökelberg“ spielte gerade die 2. Männermannschaft des TVD ihre Kreisliga-Partie gegen den Tabellenführer mit dem fast schon unaussprechlichen Namen SpVgg Bieringen/Schwalldorf/Obernau. Es muß die 73. Minute der Partie gewesen sein, denn just bei meiner Ankunft erzielten die Gäste das 2:0. Das die Gästemannschaft gegen die 2. Mannschaft der Derendinger in Führung gehen wenn ich eintreffe, das muß mittlerweile eine Art Tradition an der Steinlach sein: bislang vernahm ich stets einen Torpfiff für die Gäste bei Ankunft. Am Ende holten die Derendinger ein achtbares 1:2 gegen den alten und neuen Tabellenführer.

Helmut "Tschumle" Thurner
Doch das hatte ich schon nicht mehr höchstpersönlich erlebt. Helmut Thurner, Betreuer und Pressewart des TVD erwartete mich bereits, und „Tschumle“, wie er landauf landab genannt wird, begrüßte den verlorenen Stiefsohn des TVD ließ mich die ganze südländische Gastfreundschaft der Tübinger Südstadt spüren. Denn der TV Derendingen „isch a weng andersch“: offener, ehrlicher, herzlicher als man es dem ordinären Standardschwaben zutrauen würde. Natürlich ist auch hier nicht alles Katzengold was glänzt, auch hier kämpft man mit den Problemen wie andernorts. Demographischer Wandel, Neubürger ohne althergebrachte Familienbindung zum Verein, überlastetes Ehrenamt, Sponsorensuche – gegen diese Probleme kämpft man auch im Süden des Landes. Und doch scheint diese kleine Vereinsfamilie frohen Mutes ihre Aufgaben in Angriff zu nehmen, was man am „Tausendsassa“ Tschumle bestens erkennt.

Aber genug „Honig oms Maul gschmiert“, denn es lockte das Spiel der Regionalliga. Derendingen stand, wie eingangs geschildert, mit nur einem Punkt am Tabellenende. Bei drei Absteigern eine nicht gerade angenehme Situation nach 8 Spieltagen. Ein Sieg gegen Aufsteiger Rüsselsheim, die auf dem ersten Nichtabstiegsplatz saßen, hätte den dringend benötigten Anschluß erbracht und wäre zudem für die Moral immens wichtig gewesen.

Vor dem Spiel gab es noch ein Wiedersehen mit Ebbo Braun, dem „ewigen Vierzigjährigen“ und früheren Trainer des TVD. Natürlich kam – bedingt durch die LOKALRUNDE 2015 – auch das Gespräch auf den TV Echterdingen und dessen Philipp Wunsch. Hätte ich geahnt, dass Ebbo Braun anwesend ist, hätte ich natürlich meinen Echterdingen-Schal mitgebracht und ein schönes Foto für den TVE geschossen.

Nun, den SC Opel Rüsselsheim kenne ich aus der Regionalliga Süd, allerdings aus dem männlichen Pendant der Jahre 1965 bis 1972, was damals immerhin die zweithöchste Spielklasse der Bundesrepublik war. Der 1906 gegründete Verein war sogar vor dem Krieg in der ersten Spielklasse anzutreffen und kann mit Fug und Recht als Traditionsverein angesehen werden. Frauenfußball wird indes seit 1995 gespielt, und in dieser kurzen Zeit ihres Bestehen haben die Fußballerinnen Höhen und Tiefen durchlebt. Letztes Jahr erfolgte erstmals der Aufstieg in die Regionalliga, nachdem Hessenmeister SV Gläserzell sein Aufstiegsrecht nicht wahrnahm.












Für die Gelb-Schwarzen vom Main ist diese Liga naturgemäß ein ungewohntes Feld, begannen die Saison mit vier Niederlagen in Folge. Nach Derendingen fuhren sie jedoch wieder mit 2 Siegen im Nacken an die Steinlach, und es war zu erwarten, dass sie diesen Schwung auch heuer mitzunehmen gedachten.




Trotz dieser für meinen TVD angespannten Lage ließen es sich die Kickerinnen nicht nehmen, der Bitte Tschumles zu entsprechen und mit mir vor dem Anpfiff für ein Mannschaftsfoto zu possieren. Für mich eine große Ehre und Freude – wer darf sich denn sonst schon mal mit einer richtigen Regionalliga-Mannschaft ablichten lassen?













Erwartungsgemäß fanden die Partien des Super-Sonntags auf dem Kunstrasen des TVD statt. Derendingen legte auch gleich mächtig vor, machte Druck und setzte diel Opel-Elf gleich mächtig unter Druck. Die erste Hälfte, das wage ich dann doch auch mit rot-weißer Brille zu behaupten, war eindeutig die Hälfte der Derendinger. Jedoch – lag es am Druck, punkten zu müssen oder der Tatsache, dass mit Tina Wurster die Knipserin in der Spitze fehlte – es gelang einfach nicht, den Ball im Tor von Elena Jaeschke unterzubringen. Zu viele Chancen wurden schlicht verschenkt.


Ein kleiner Schritt zu spät. Zu viele Chancen wurden asugelassen.

Geschenkt würde Derendingen nichts erhalten, aber im Gegenzug muß wohl die südländische Gastfreundschaft zugeschlagen haben. In der 42. Minute geht Rüsselsheim durch einen quasi im wahrsten Sinne des Wortes geschenkten Treffer zu meiner Überraschung in Führung. Lautstarker Jubel der Gästebank, und ohrenbetäubendes Gejaule einer Handsirene, die Gästefans aus der Opelstadt mitgebracht hatten.


Jubel bei Rüsselsheim (Bildmitte). Die Handsirene im Einsatz
Das 0:1 war zwar ärgerlich, aber zumindest noch kein Beinbruch zu dieser Stunde. Während die Gäste an der Eckfahne Platz nahmen und den Worten ihres Trainers Jens Emmerich lauschten, wurde ich einmal mehr bewußt, aus was für einer stocksteifen nordwürttembergischen Gegend ich komme. Getrieben vom Hunger und auf Futtersuche am Kiosk eintreffend, wurden dem "verlorenen Stiefsohn" auch das dringend benötigte Mahl kredenzt, ohne auf die Amortisierung der Verbindlichkeiten zu bestehen. "Wir freuen uns, Dich mal wieder hier zu sehen" hieß es nur von den freundlichen TVD-Helferinnen, und bei so viel mir erwiesener Freundlichkeit bin dann auch ich einfach Schwabe genug.


Pausentee an der Eckfahne
Waren die Rüsselsheimerinnen in der 1. Hälfte mehr am reagieren statt am agieren, so muß man fairerweise sagen, das nach dem Seitenwechsel der SC Opel deutlich mehr vom Spielgeschehen hatte. Wesentlich selbstbewußter stürmten die Gäste aus Hessen das Derendinger Tor an, und gegen das 0:2 und 0:3 in der 70. Minute war nichts einzuwenden, und die Rüsselsheimer Handsirene durfte verdientermaßen noch einmal kräftig aufjaulen. Meinem TVD sollte doch keine Heimklatsche drohen? Sie waren nicht entmutigt, eher resigniert. Gut gespielt und doch drei Tore kassiert.












Es begann das Rennen gegen die Zeit, aber leider zu spät. Die ausgelassenen Chancen zur 1. Halbzeit wurden jetzt bitter bereut. In dieser Sturm- und Drangphase erzielte das Heimteam einen Treffer, der jedoch nicht anerkannt wurde. Schiedsrichterin Sandra Bausch erkannte nach Rücksprache mit ihrer Assistentin auf Abseits, eine Entscheidung, die zumindest diskussionswürdig ist.

Aus. Die Punkte gehen mit nach Rüsselsheim.

Weiter ging es aufs Rüsselsheimer Tor, vieles wurde schlicht probiert, quasi übers Knie zu brechen, und Angriffe versandeten dann einfach im Mittelfeld. Erst mit dem Anschlußtreffer in der 82. Minute durch Anja Sailer legten die Südstädterinnen die Hektik ab und gingen zielstrebiger vor. Aber das verdiente 2:3 durch Stephanie Tweer kam in der 88. Minute zu spät. Fairerweise kann man sagen, dass ein Unentschieden beiden Mannschaften gerecht gewesen wäre, letztendlich aber für den TV Derendingen aber auch keine Ausbeute erbracht hatte. So stand der eine Punkt auf der Plusseite, und der Abstand zum rettenden 9. Platz beträgt 11 Punkte - eine sauhohe Hypothek in einer Zwölferliga. Die einzige Belohnung, für die sich das Team natürlich nichts kaufen kann, war die Tatsache, dass die ca. 150 Zuschauer eine hochklassige Partie zu Gesicht bekamen. Es gab zwar einige Unterbrechungen, insgesamt war das Regionalligaspiel jedoch sehr fair, wofür eine einzige gelbe Karte ein exemplarisches Zeugnis geben kann. Wenn man mich fragt, eine sehr gute Werbung für die Frauen-Regionalliga.



Lief es bei den Männern, die ja ebenfalls dringend 3 Punkte benötigten, besser?  Dort hat mittlerweile Jörg Junger das Traineramt von Peter Kaschuba übernommen, der jedoch wie gesagt die Gästeelf des TSV Gomaringen betreut. Ich witzelte für mich selbst, er möge nicht aus reiner Gewohnheit die Mannschaften verwechseln. 

Beinahe das 1:0 - doch leider zu viel Rugby im Schuß.
Die Bank des TSV Gomaringen mit Peter Kaschuba.
Die 1. Halbzeit endete zwar tor-, aber keinesfalls ereignislos. Kaum war das Spiel angepfiffen, da stürmten die Derendinger aufs Tor, jagten den Ball allerdings Rugbyverdächtig hoch übers Tor. Doch das war nicht die einzige Aktion der ersten Hälfte, und jetzt kam man als Zuschauer voll auf seine Kosten. Mit dem TSV war zudem eine gleichwertige Mannschaft, hüben wie drüben gab es spannende Torraumszenen. Kurz: anders als es der Halbzeitsstand von 0:0 ausdrückt, war dies eine hochklassige Bezirksligapartie.






Mittlerweile verschwand die Sonne hinter dem Horizont, und die Temperaturen passten sich zunehmend dem November an. Vor dem Abpfiff der ersten Dreiviertelstunde wechselte ich  gemütlich zur anderen Seite hinüber und wäre beinahe noch Kamerazeuge des Führungstreffers geworden.




Wie in alten Tagen: Ebbo Braun und Peter Kaschuba. 


Ein gewohntes Bild gab es bei Rückkehr der Spieler aufs Feld, als Ebbo Braun und Peter Kaschuba miteinander redeten. Fast wie in alten Zeiten bei meinem ersten Besuch, als beide gleichberechtigte Trainer des TV Derendingen waren. Währenddessen ging der Sonnenstand langsam von Dämmerung in Dunkelheit über, an fotografieren war nicht mehr zu denken, und so muß sich der geneigte Leser meines Blogs mit meinen prosaischen Schilderungen begnügen. Da ich aber vom Zwang, Bilder knipsen zu müssen, befreit war konnte ich zumindest Susanne Dölcker anständig einen guten Tag wünschen.

Keine "Special Effects" sondern einfach zu dunkel zum knipsen.
Kurz nach Wiederanpfiff ist es Frederik Hermann, der den TVD verdient in Führung bringt, die Sebastian Schelle in der 70. Minute zum 2:0-Endstand einwuchtet. Dieser verdiente Sieg war aber nicht nur das Werk der beiden Torschützen, denn Gomaringen war wie gesagt saustark, scheiterte jedoch am Mann im Kasten. Dort steht nämlich seit Saisonbeginn mit Daniel Strähle ein echter Kieler Storch, der über die TSG Neustrelitz den Weg an die Steinlach gefunden hat. Und der Schlußmann leistete ganze Arbeit, verhinderte mehr als eine dicke Tormöglichkeit und glänzte am Spielende noch mit einer Doppelparade. Diese Leistung brachte ihm verdientermaßen in die "Schwitzkasten-Elf des Tages" des Schwäbischen Tagblatts, wobei Autor Hansjörg Lösel nicht zu unrecht vermerkte, welcher Fußballblogger von Strähle beeindruckt war.


Es ist vollbracht: 3 wichtige Punkte für die Steinlach-Elf
Wichtiger natürlich waren die 3 Punkte im Flutlichtspiel, die den TVD vorübergehend vom Abstiegsrang hievten. Es erwies sich nicht als Fehler, dass Tschumle noch während dem Spiel seine Siegerzigarre ansteckte (die zudem beinahe dafür sorgte, dass zwei freundliche ältere Herren aus Gomaringen um ein Haar die Flucht ergriffen hätten).









Ehe es zum gemütlichen Teil überging - und ich blieb wieder länger als ursprünglich geplant - durfte ich mal erleben, wie das Ehrenamt nach Spielende arbeitet, denn Tschumle war damit beschäftigt, in der Geschäftstelle Spielberichte einzupflegen. Dann, ja aber dann, ging es endgültig ins Sportheim, dem Maultaschentempel des Südens, wo man noch vom Bökelberg träumen darf und man als Gast immer sehr zufrieden ist. Lediglich Inhaber Martin Weber zeigte eine kleine Enttäuschung: "Ja wie, keinen Schottenrock?" Meine Marotten hatten sich also bereits nach Tübingen rumgesprochen, allerdings hatten meine konservativen Beinkleider keinen Einfluß auf die Gastfreundschaft vor Ort, und da der TV Derendingen 3 Punkte holte, ward mir auch hier erneut Freigetränke offeriert. Diese südländische, herzliche und nie gespielte Gastfreundschaft der Derendinger ist wahrlich unerreicht. Auch der jetzige Gäste- und vormalige Heimtrainer Peter Kaschuba genoß noch Speis' und Trank an der Steinlach.


Nachdem ich nochmal einen Zug saußen ließ, trennte ich mich dann doch mal schweren Herzens, aber die lange Irrfahrt durch die Nacht darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen, was die Durchsagen eines angefressenen Lokführers bestätigten. Ich selbst hingegen versprach eine Rückkehr. Dann jedoch in voller Montur, sprich Schottenrock und Tropenhelm, und dann hoffentlich zu einem 6-Punkte-Super-Sonntag.

Mittwoch, 14. Mai 2014

Neue Liebe rostet nicht - TV Derendingen gegen ASV Hagsfeld

Noch obenauf: der TV Derendingen im rotem Dress.
Wenn ich - abgesehen von den Normannia-Spielen natürlich - auf Sportplätzen auftauche, dann rufe ich bestenfalls Reaktionen à la "Sind Sie von der Zeitung?" oder "Guck Dir mal den Freak mit der Kamera und dem roten Rugby-Trikot an" hervor.  Hinterher ist man dann überrascht (ich hoffe mal freudig), wenn dann eine kleine Hommage an den Verein im Internet auftaucht, ob der Verein nun Sportfreunde Lorch, TSV Mutlangen oder FC 07 Albstadt heißt (ich freue mich ja schließlich auch, wenn ich zitiert werde, aber das ist eine andere Geschichte). Alle Vereine haben gemein, dass ich bisher dort nur einmal zu Besuch war, aber das sollte sich am Sonntag ändern.

Dem TV Derendingen wurde die zweifelhafte Ehre zuteil, dass der "Spätzleskick" zum zweiten Mal am Sportplatz auftauchen würde. Und das sogar innerhalb kurzer Zeit. Denn in Tübingen schlug ich bereits Anfang April auf, um am "Super-Sonntag" des TVD vier Spiele zum Preis von einem halben zu verfolgen. Darunter waren auch gleich zwei Spitzenspiele. Zum einen traten in der Oberliga Baden-Württemberg die Frauen gegen den Verfolger SC Freiburg II (hier ein Video zum Spiel), zum anderen kämpften die Männer gegen den TB Kirchentellinsfurt in der Bezirksliga Alb, ebenso mit einem Auge zum Relegationsplatz Richtung Landesliga schielend.

Nun, die Geschehnisse vom April sind mittlerweile Geschichte, blieben aber nicht folgenlos. Was als kleine Liason begann, entwickelte sich zum heftigen Flirt und endete in einer Affäre mit Fernbeziehung, oder wie es Hansjörg Liesl im lesenswerten Sportblog "Schwitzkasten" formulierte: "Spätzleskicker verliebt in Derendingen". Wo der Mann recht hat, hat er nunmal recht. Und ich wußte auch, dass man sich in Derendingen ebenfalls freute, wenn ich mal wieder vorbeischaue.

Ursprünglich hatte ich einen Besuch beim Traditionsverein SG 07 Untertürkheim fest eingeplant, die am Sonntag Zuhause gegen die SpVgg Stuttgart-Ost antraten. Nun begab es sich aber, das am Sonntag mit der ASV Hagsfeld der direkte Verfolger der Oberliga-Spielerinnen des TVD an die Steinlach kamen. Zugleich machen die Karlsruherinnen als die Mannschaft mit der bisher stärksten Offensive von sich reden. Dennoch hatten die Schützlinge von Trainerin Theresa Merk 8 Punkte Vorsprung vor Hagsfeld und Freiburg II, das Team befindet sich also in akuter Aufstiegsgefahr. Und in Zeiten der Gefahr steht man seinem Team bei. Die SGU läuft mir ja nicht weg und wird einfach in der nächsten Saison mal besucht, dann als Aufsteiger der Bezirksliga.

Also wieder einmal mit der Regionalbahn von der Gmünder Landesgartenschau zur Tübinger Gartenstadt. Begleitet wurde ich dabei von meinem Sohn sowie den guten Wünschen aus der Stauferstadt. Denn auch in meinem Freundes- und Bekanntenkreis fragt man zunehmend nach dem TVD, den Stand der Dinge und wie sich die Mannschaften gerade schlagen.

Die Hinfahrt klappte reibungslos, aber statt diesmal auf die Hohenzollerische Landesbahn zurückzugreifen, wurden die knapp 2,5 km vom Tübinger Hauptbahnhof zum "kleinen Bökelberg" zu Fuß zurückgelegt.

Zum Zeitpunkt unseres Eintreffens war es windig, aber sonnig, und es versprach ein angenehmer Tag in der Sonne zu werden. Heute wurde auch auf dem Rasenplatz gespielt, der bei meinem letzten Besuch leider gesperrt war. Die zweite Mannschaft des TV Derendingen führt gerade kurz vor Halbzeit gegen die Zweite des SV Pfrondorf mit 1:0. Die sich tapfer wehrenden Kicker des 1903 gegründeten Clubs sind im deutschen Fußball wohl durch ihr Vereinswappen mit dem Eichhörnchen ziemlich einzigartig. Im Gegensatz zu meinem Fußballbezirk Kocher/Rems gibt es im Bezirk Alb noch eine Kreisliga C, und Pfrondorf II steckt mitten im Abstiegssumpf der Kreisliga B. Analog zum Wappentier des Eichhörnchens fehlt es den wackeren Pfrondorfern gerade am emsigen Punkte sammeln.
Heute auf Naturrasen. TVD II gegen Pfrondorf II.
Große Ehre wird mir zuteil, als mich der Pressewart der Fußballer begrüßt und sich sowohl für den Spätzleskick-Artikel als auch für den erneuten Besuch bedankt. Im Gegenzug darf ich ihm noch nachträglich zum Geburtstag gratulieren und hoffe auf entsprechende Punkte des TVD als würdiges Geburtstagsgeschenk. Natürlich hat der Pressewart auch einen Namen: Helmut Thurner. Aber ich habe den Verdacht, nur das Einwohnermeldeamt und irgendwelche Sitzungsprotokolle nennen ihn so. Landauf landab kennt man ihn im Bezirk nur als Tschumle, und diesen Ehrentitel möchte ich hier verwenden.

Selbstverständlich ließ er mir die Derendinger Gastfreundschaft zukommen, und lud mich zum Gerstensaft ins knuffige Vereinsheim ein. Zuvor allerdings posierten wir zusammen mit der TVD-Hoffotografin Susanne Dölker für das obligatorische Erinnerungsfoto, wobei ich im Nachgang bemerke, dass mir ein Friseurbesuch wieder angebracht sein könnte.



Tschumle ist natürlich mit Leib und Seele seinem TVD verhaftet, und auch sowas wie ein lebendes Vereinsarchiv. Dem "drohenden" Aufstieg der Frauen gilt natürlich meine erste Frage. Ob man denn keine Angst vor der Regionalliga habe, denn schließlich steigen die Kosten, während nicht zwangsläufiger mehr Zuschauer kommen, wenn es der TVD mit illustre Namen wie 1. FC Nürnberg, Wacker München, Sindelfingen II oder Eintracht Frankfurt zu tun bekommt. Natürlich habe man sich Gedanken gemacht, erfahre ich, letztendlich habe aber der TVD seine Hausaufgaben gemacht. Dem kann man wohl nur zustimmen. Juniorinnen, eine zweite Mannschaft. Anders als beim Verbandsliga-Aufstieg 1998, als es dem frisch gebackenen Meister der Landesliga Süd an einem ausreichend großen Spielerinnenkader mangelte, man aber dennoch selbstbewußt sprach: "Wir haben einfach gesagt, dass wir es probieren wollen". In Derendingen blieb man zwar immer mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen, behielt aber stets auch die sportlichen Perspektiven im Auge. Wenn sich Tschumle jetzt fragt, wie ich jetzt diesen Bogen auf 1998 gesponnen habe: im Internet findet man immer wieder ein paar Perlen der Vergangenheit, sogar über den TV Derendingen.

Noch ist nicht viel los am Bökelberg.
In einen Punkt habe ich Tschumle, und wohl auch einen guten Teil der TVDler, amüsiert. In meinem April-Besuch verwendete ich die Überschrift "Weit weg vom Bökelberg". Inspiriert wurde ich von einem Zuschauer mit Borussia-Baseballmütze und einer Mönchengladbach-Armbanduhr, der natürlich dennoch für den TVD zu den Spielen kommt. Mittlerweile wurde mein "kleiner Bökelberg des Südens" als Synonym für den TVD-Platz zum geflügelten Wort. Unbeabsichtigterweise hatte ich mit dem Bökelberg ein Wespennest angestochen. Denn nicht nur der Zuschauer - der übrigens wie mein Sohn Ralf heißt - sondern auch Tschumle und überhaupt die Derendinger sind Gladbach-Verrückte! Die besten Überschriften schreibt halt doch der Zufall. Vielleicht sollte man doch mal über dem Stadion-Kiosk ein Schild mit "Zum kleinen Bökelberg" anbringen?

Eberhard Braun (3. v. r.) und die
1. Mannschaft des TVD.
Mal ehrlich: 70 Jahre? Der lügt doch!
Völlig unerwartet werde ich auf den SVH Königsbronn angesprochen. Eberhard Braun, Trainer beim TVD, hat ein persönliches Interesse am Verein. Zu meiner Schande kann ich ihm nichts davon erzählen, dass der Verein mittlerweile eine Spielgemeinschft mit Oberkochen bildet und in der Kreisliga A antritt. Als Entschädigung nehme ich den Club im Brenztal auf meine Besuchsliste für den Spätzleskick auf, um dem "ewigen Fünfzigjährigen" einen höchstpersönlichen Bericht zu erstellen. "Ewiger Fünfzigjähriger" deshalb, weil der TVD-Coach tatsächlich der älteste aktive Trainer im Bezirk Alb ist. Nur: seine 70 Lenze sieht man dem taufrischen Trainer auch nach dem dritten genauen Blick nicht an, und lange nährten sich die Zweifel in mir, ob er sich nicht schon als Kind älter machte, um nicht jugendfreie Filme im Kino verfolgen oder länger in der Disco bleiben zu können. Am Ende erzählte er mir aber so authentisch von seiner aktiven Zeit beim VfL bzw. Sportbund Heidenheim und den Fußballschlachten mit Lokalrivale Normannia Gmünd, das seine Altersangabe über alle Zweifel erhaben ist.

TVD II gewinnt gegen Pfrondorf II mit 2:1. Das Gegentor nehme ich auf meine Kappe. Gerade gab ich vollmundig damit an, dass ich noch nie ein Gegentor gegen den TVD gesehen hätte, da meinte Benedikt Gerdes in der 89. Minute, "na, dem Manne kann geholfen werden", und versenkt den Ball zum Ehrentreffer für die Gäste.

Schichtwechsel.
Die beiden Teams und Schiedsrichter
Markus Schöck.











Kaum ist das Spiel der Herren-Reserve beendet, da betreten schon die Frauen hochkonzentriert unter Führung von Mannschaftskapitän Nina Weiß das Spielfeld. Die Ausgangslage ist recht simpel. Derendingen, seit dem 8. Spieltag an der Spitze, führt mit 49 Punkten vor den Gästen aus Hagsfeld und der Reserve des SC Freiburg mit jeweils 41 Punkten. Gewinnt der Tabellenführer und Freiburg nicht, dann knallen die Sektkorken und Trainerin Theresa Merk nimmt ein Bad in der Steinlach. So will es nun mal die Tradition.

Kurz nach Anpfiff hat Tina Wurster bereits die Chance auf eine frühe Führung, doch der scharf geschossene Freistoß geht haarscharf an Tor vorbei. In der 5. Minute dann tatsächlich der Führungstreffer. Dummerweise auf der falschen Seite. Der Schiri zeigt auf den Strafstoßpunkt, und Sarah Heilig verwandelt den Elfer für die Badenerinnen. Der vierköpfige ASV-Fanclub bejubelt verständlicherweise die frühe Führung.

Chance auf eine frühe Führung, doch der Kasten von
ASV-Keeperin Michelle Brill bleibt sauber. 
Das 0:1 durch Strafstoß.
Derendingen drängt zum Ausgleich.










Beide Mannschaften spielen sehr offensiv, und Derendingen versucht, den Ausgleich zu erzielen. Aber entweder hapert es beim Abschluß, oder die Hagsfelder Abwehr pariert den TVD-Angriff. Würden meine Haare nicht von alleine ausfallen, könnte ich sie gerade büschelweise ausreißen.
In der 33. Minute ist es Nina Weiß, die mein Haupthaar und die Stimmung am kleinen Bökelberg rettet, und das vollkommen verdiente 1:1 kaltblütig versenkt. Diesmal ist es an uns, lauthals zu jubeln.

Jaaaaaa! 1:1 durch Nina Weiß!
Doch das Echo des Jubels war noch nicht richtig verhallt, das geht Hagsfeld erneut in Führung. Mit diesem 1:2 geht es auch in die Pause, verbunden mit der Hoffnung, das die Wende in Runde 2 kommen möge.
In Schwäbisch Gmünd nimmt man mit Bestürzung den Halbzeitstand zur Kenntnis, nachdem ich per SMS meinen Fußballfreunden Bericht erstatte, und aufmunterende Nachrichten trudeln im Gegenzug auf meinem Handy ein.

Zwei Logenplätze.
Der Zuschauerzuspruch war heute nicht so stark wie beim Spitzenspiel gegen Freiburg. Das ist Schade, aber die Konkurrenz in Form des Muttertages und einer zeitgleich stattfindenden Konfirmation ist einfach zu übermächtig.

Dennoch springen mir zwei besondere Logenplätze ins Auge. Zum einen mein Sohn, der es sich hinter dem Tor gemütlich gemacht hat. Aber in erster Linie die Anwohner der Fuchsstraße, die direkt vom Balkon aufs Spielfeld blicken können. Das ist noch mehr Luxus als bei uns im Gmünder Normannia-Stadion.

Tschumle erzählt mir die Geschichte von einem TVD-Fan, der ganz im Stile des legendären Gladbach-Fans Manolo mit einer Trommel auf dem Dach saß, um sein Team lautstark zu unterstützen. Und ganz wie der echte Manolo stammte der Derendinger Ableger aus der Türkei. So falsch ist mein Bökelberg-Vergleich also doch nicht.

Derendingen nahm in der 2. Hälfte wieder Fahrt auf, um den Ausgleich zu erzielen, jedoch war Hagsfeld nicht klein zu kriegen.






Den Todesstoß versetzt in der 74. Minute Ramona Bohnert: sie umspielt die Abwehr und versenkt den Ball sicher im Netz. Mit dem 1:3 ist irgendwie die Luft beim TVD raus, das Happy-End bleibt aus, und in der 80. Minute ist es nochmals Bohnert, die den 1:4 Endstand erzielt.

Zum Ersten...
...zum Zweiten...


...und zum Dritten.
Tor durch Ramona Bohnert.

















Heute war es an den Gästen, zu jubeln und sich feiern zu lassen. Am Sieg des ASV Hagsfeld ist nichts auszusetzen, der war mehr als verdient. Die Mannschaft aus Karlsruhe hatte ihre letzte Chance, im Meisterschaftsrennen noch mitzuspielen, genutzt und einmal mehr gezeigt, dass sie die torgefährlichste Offensive der Liga besitzt.

Der ASV Hagsfeld und sein Fanclub jubeln zu recht.

Auch Freiburg gewann sein Spiel, aber Derendingen bleibt mit 5 Punkten Vorsprung die Nummer 1 in der Oberliga. In den verbleibenden drei Spielen kann es das Team aus eigener Kraft schaffen, den Aufstieg in die Regionalliga zu verwirklichen, sich nicht vom Druck der Höhenluft beirren lassen.

Schiri Shirin Groh.
Jetzt oblag es den Männern, für ein heutiges Erfolgserlebnis zu sorgen. Gegner war der TSV Gomaringen, und das Wetter erinnerte sich daran, dass am 11. Mai der erste Tag der Eisheiligen ist. Eine dunkle Wolkenfront zog schon in der Schlußphase des Frauensspiel vorbei und verdunkelte den Himmel über Derendingen. Jetzt aber begann es auch noch zu regnen, und es wurde schlagartig kalt und ungemütlich.
Schiedsrichterin Shirin Groh ließ sich ihre gute Laune durch das Wetter nicht verderben, und pfiff ohne Gnade das Spiel an.
"Auf Jungs, ich brauche heute noch ein Erfolgserlebnis, bevor ich Heim fahre", rufe ich dem Team in Rot zu. Sie quittieren mit einem selbstbewußten lächeln. Da kann ja nichts mehr schief gehen.

Neuerlicher Schichtwechsel. Theresa Merk und Philipp Braun.


Der Regen macht das Spiel zum Erlebnis der besonderen Art, und ich werde gezwungen, meine Kamera einzupacken. So verpasse ich in der 18. Minute den Führungstreffer des TVD durch Mohammed Arfaoui, und ich habe mein Erfolgserlebnis. Mohammed Arfaoui? Ja klar, wer denn sonst? Schon bei meinem ersten Besuch erzielte er das Tor für den TVD. Da ich schon wieder zu meinem Zug muß, kann ich eine neue Serie mitnehmen: ich sehe nur Arfaoui Tore für den TVD schießen, denn beim 2:0 durch Luigi Felici war ich schon am Tübinger Hauptbahnhof.

Tschumle im Einsatz.
Zuschauer aus Gomaringen.










Ich verabschiede mich von Susanne und Tschumle und verspreche, noch in diesem Jahr wiederzukommen. Aber das ist ja eigentlich nicht realistisch. Ich denke, sofern es der Spielplan hergibt, werde ich einmal pro Monat zu Besuch kommen. Damit die Liebe nicht rostet.

Die Rückfahrt mit der Bahn war sehr chaotisch und ich kam wesentlich später an als eingeplant. Bei meiner Ankunft habe ich dennoch gleich die Ergebnisse der Bezirksliga Alb studiert. Kirchentellinsfurt patzte, Derendingen gewann, und plötzlich sind es nur noch 4 Punkte zum Relegationsplatz. Sollte das noch klappen und die Tretmühlen der Relegation durchgestanden sein, wäre das ein echtes "Doppelwunder von Derendingen". Man sollte dem Bären natürlich noch nicht das Fell abziehen, aber es wäre auch aus Gmünder Sicht sehr erfreulich. Denn in der Landesliga würde der SV Nehren warten. Und der hat mit Gmünds Edelfan Bredi einen Sympathisanten auf der Ostalb. Zu einer Partie gegen Derendingen, so versprach er mir, würde er gerne zu einer Visite an den kleinen Bökelberg des Südens kommen. Das könnte doch nur noch durch ein WFV-Pokalspiel gegen Normannia Gmünd getoppt werden. Am besten im Frauenfußball. Denn dann könnte ich mal den TVD im Normannia-Stadion begrüßen.



Spielberichte:
TV Derendingen: TVD - TSV Gomaringen 2:0
Reutlinger General-Anzeiger: Merk: Haben ganz schwach gespielt
ASV Hagsfeld: Frauen - Auswärts eine Klasse für sich
SV Pfrondorf: TV Derendingen II - SV Pfrondorf II
Reutlinger Wochenblatt: Zu viele Fehlpässe