Mittwoch, 15. Oktober 2014

"Ha, 'n Scheißdreck Abseits!" - TSGV Waldstetten gegen 1. FC Eislingen

Waldstetten gegen Eislingen im goldenen Oktober.

Irgendwie scheine ich ja besonderes Glück mit dem Wetter zu haben, wenn ich den TSGV Waldstetten besuchen. Wie bei meinem letzten Besuch im Mai, so herrschte auch am Sonntag im Schatten der Kaiserberge Stuifen und Rechberg wieder angenehmes Kaiserwetter.

Der Besuch bei den Waldstetter Löwen entstand dabei sehr spontan, traf ich einen Tag vorher im Normannia-Stadion beim Spiel meiner Normannia gegen den VfL Nagold TSGV-Urgestein, Fußballfreund und DLV-Wettkampfrichter Kurt Erhardt, der mich nach einem kurzen Plausch auf die Waldstetter Höhe einlud. Als Attraktion lockte der 1. FC Eislingen, der Traditionsverein aus dem Filstal schlechthin. Da ließ ich mich natürlich nicht zweimal bitten.



Mit dem 1914 gegründeten Club stand Normannia natürlich schon oft im Wettkampf, und das Lokalderby stand oft genug im Blickpunkt, lockte früher vierstellige Besucherzahlen ins Stadion.
Der Glanz vergangener Tage ist leider längst abgebröckelt, und Eislingen kam erst über die Relegation als Bezirksligaaufsteiger wieder zu Landesligaehren. Was für Absturz, wenn man bedenkt, dass dieser Verein bereits an Spielen um die Deutsche Amteurmeisterschaft teilnahm, oder in den frühen Jahren der Amateur-Oberliga Baden-Württemberg an die Tür zur 2. Bundesliga klopfte.

Bei meiner Ankunft in Waldstetten - wie üblich ging ich zu Fuß - merkte ich, dass ich das Spiel der zweiten Mannschaft in der Kreisliga A verpeilt hatte. Die spielte als Aufsteiger gegen niemand geringeres als den altbekannten TSB Gmünd, und die Partie befand sich bereits in der Schlußphase, als ich an einem zum Kassenstand umfunktionierten Motorroller meine Eintrittskarte löste.



Mobiler Eintrittskartenservice.

Wenn der TSB spielt, dann ist Bredi meistens nicht weit. Und tatsächlich, im Schatten der Tribüne finde ich ihn, kritisch das Spiel seiner gelb-blauen Jungs beobachten. "Es steht 1:1. Wenn es so bleibt, können wir noch zufrieden sein" meinte der im ganzen Land bekannte Fußballfreund. Sein Wunsch ging jedoch nicht in Erfüllung. Kaum das ich die Platzanlage betrat, schon erzielte Johannes Nagel das 2:1 für die Hausherren, mit dessen Resultat das Spiel knapp 10 Minuten später auch endete.

Das 2:1 ist der Todestoß für den TSB.
Sichtlich zufrieden ob des Ergebnisses zeigte sich dann auch Kurt Erhardt, der trotz seines fortgeschrittenen Alters noch als Linienrichter im Einsatz war. Am 25. Oktober, wenn Normannia Zuhause gegen den FC Wangen antritt, wird er übrigens wieder mit dem Logo des Deutschen Leichtathletikverbands auf der Brust im Zielbereich des Albmarathons stehen, und dort als Wettkampfrichter seinen Dienst erfüllen. Dem Turnsport ist er darüberhinaus auch verbunden, wie er nicht ohne berechtigten Stolz mir nach dem Spiel erzählte - ein jungegbliebener Tausendsassa eben.

Kurt Erhardt im Einsatz.
Noch ein "Kassenhaus", hinter dem Bagger.














Hauptattraktion war natürlich das Duell zwischen den Gastgebern mit ihrem Trainer, Ex-Normanne Leo Gjini, und dem 1. FC Eislingen, gecoacht von Uli Thon. Die Eislinger wirkten dabei bei Ihrem Auftritt ein klein wenig wie die Kopie der Fußballauswahl des Vatikan: die Blau-Weißen liefen in römisch-katholischen Gelb-Weiß auf. Eine Referenz an die am gleichen Tage wiedereröffnete Reiterleskapelle?  Eine Erinnerung an die goldene Vergangenheit? Freude auf den goldenen Oktober? Wie auch immer, eine Ersatzkleidung benötigt man schließlich ja.

Homines pediludio ludunt. Amen.
Uli Thon.
Leo Gjini
Trainer Thon vom Aufsteiger blickte zumindest sehr zuversichtlich in die Kamera. Vielleicht ahnte er ja bereits, das sein Team mit einem Punktgewinn nach Hause fahren würde. Denn obwohl es auch ein sehr ausgeglichenes Spiel mit teilweise faustdicken Chancen auf beiden Seiten war, so blieben meiner Meinung nach die Waldstetter einen Tick gefährlicher. Jedoch ein Torschütze, ein Knipser, wollte sich einfach nicht aufdrängen.




Etwa 200 Zuschauer dürften sich bei diesem herrlichen Sonntag ins Waldstetter Sportzentrum eingefunden haben, um die heimische TSGV zu verfolgen. Zahlreiche Fahrzeuge mit Göppinger Kennzeichen offenbarten aber auch einen Beitrag in der Zuschauerbilanz aus dem Filstal.

Torraumszenen waren nicht selten - Tore dafür Mangelware.

Unter den Zuschauer war natürlich noch Bredi, weithin sichtbar mit seinem gelben TSB-Trainingsanzug, sowie noch zahlreicher TSB-Kicker - vielleicht ein Lehrstück, wie man es zwei Spielklassen höher anstellt?










Blick vom Feldherrnhügel auf das Spielfeld.

Eine besondere Spezies hat sich allerdings auch unter das Publikum gemischt. Ein Einheimischer, der lauthals dem Schiedsrichter Anweisungen erteilen will, was dieser zu Pfeifen habe oder nicht. Aufgebaut auf der Seite zum Wohngebiet, schmettert seine nie ermüdende Stimme lauthals ins Spielfeld. "Schirieeeeee! Die Ersatzspieler, Schirieeeee! Die Ersatzspieler sollen vom Tor weg, die irritieren nur!" schnauzt er z. B. über die Eislinger Reservisten, die sich während der zweiten Halbzeit wie tausender anderer Reservisten auch, neben dem Tor warm laufen. Der Schiedsrichter quittiert dies bestenfalls mit Nichtbeachtung, Eislinger Feldspieler deuten dem Zuschauer an, doch mal zum Waldstetter Tor zu schauen, wo "seine" Jungs exakt das selbe machen.

Spieler mit Hang zum irritieren und Kind mit Hang zum Hang.

Gelächter unter den Zuschauern erntet er, als nach einem Waldstetter Angriff die Eislinger Spieler Abseits fordern. "Ha, n' Scheißdreck Abseits" schäumt er nicht zu überhören. So hatten due Waldstetter Fans wenigstens was zum schmunzeln, wenn sie schon keine Tore bejubeln durften. Andererseits hat man mit dem Erwerb einer Eitnrittskarte das Recht .... nein, geradezu die Pflicht, unsachgemäße Kommentare ins Spielfeld reinzuschreien. So mache ich das zumindest immer bei Normannia-Spielen - jetzt weiß ich wenigstens mal, wie sich das für Außenstehnde anhört...

Eislingen war wohl mit dem Ergebnis zufrieden. Kurz vor Schluß zögerte Eislingens starker Keeper Denis Grgic mit einem brasilianischen Balldribbling etwas Zeit heraus, bis sich Robin Eißele erbarmte und ihn endlich zwang, den Ball in die Hand zu nehmen. Die Worte der Schimpftirade des lautstarken Anhängers zu dieser Szene habe ich leider vergessen. So ganz Jugendfrei werden sie schon nicht gewesen sein.

Letztendlich war es ein vergnüglicher Sonntagsausflug, dem lediglich die Tore fehlten. Vor allem Waldstetten hätte zum Schluß einen Treffer verdient gehabt, es fehlte halt am Abschluß. Und so waren nach dem Spiel die Gäste eigentlich zufriedener über das 0:0, als der TSGV. Kunststück - hat man doch erfolgreich den 3. Platz verteidigt.

Dribbeleinlage fürs Zeitspiel.

Ein mürrischer Blick von Kapitän Steffen Dangelmayer?

Gefahr vor dem Eislinger Tor.

Zufriedene Gäste nach dem Spiel.




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