Sonntag, 31. August 2014

Drei Mann in einem Zug - FC 07 Albstadt gegen 1. FC Normannia Gmünd

Ein Besuch des (richtigen) Albstadions lohnt immer.
"Albstadtfahrten". Dieser Begriff scheint sich - analog zu Kaiser Wilhelms "Nordlandfahrten" oder die sogenannten "Butterfahrten" nach dem Weltkrieg - in Gmünd einzubürgern. Waren wir in der vergangenen Saison noch zwei Verwegene, die diese furchtbar lange Bahnfahrt in Kauf nahmen, so stürzten wir uns heuer zu Dritt in das Abenteuer. Mein Neffe erklärte sich spontan dazu bereit, uns auf dieser Fahrt zu begleiten, und hätte mein alles andere als fußballbegeisterter Bekannter nicht seinen Geburtstag feiern müssen, so hätten wir gar zu Viert die "Mission Albstadt" angegangen. So bleibt mir die Hoffnung, in der nächsten Saison mit weiterem Zuwachs ans Südende der Alb zu fahren. Am Samstag hieß es allerdings in Anlehnung an den humoristischen Literaturklassiker von Jerome K. Jerome schlicht "Drei Mann in einem Zug".

Ziel der Reise:
eine Flasche Lehner-Bier
Ein Tipp für Bahnreisende aus dem Ostalkreis: Albstadt und Schwäbisch Gmünd zählen beide zur Metropolregion Stuttgart, zumindest für die Bahn, und mit einem MetropolTagesTicket Stuttgart fährt man die Strecke bequem zwischen 20 Euro (allein) oder jeweils 7,20 Euro (zu fünft). Man muß allerdings überwiegend die Bimmelbahn nehmen, die an jeder Milchkanne und an Bauer Hubers Scheune hält, was die Zugfahrt ziemlich in die Länge zieht. Mit guten Freunden vergeht das aber wie im Flug.

Dummerweise versuchten auch unzählige andere Menschen, mit der Bahn ans Ziel zu gelangen. Nicht unbedingt nach Albstadt-Ebingen, aber das Wetter verlockte wohl die Menschen zu Ausflügen nach Stuttgart und anderen Orten. Zudem stand die Bundesligapartie zwischen dem VfB Stuttgart und dem 1. FC Köln an. Für uns hieß das, im Zug nicht nur zu stehen, sondern förmlich zusammengequetscht eine Sardine in der Büchse zu simulieren.

Natürlich fuhren wir beschalt nach Albstadt, was von unbedarften Zeitgenossen - auch später bei der Rückfahrt - ob des "N" und den schwarz-roten Farben als "Nürnberg-Fans" quittiert wurde....

Ein paar Stationen vor Ebingen stieg noch Albstadts Mittelfeldspieler Gaspare Amaro in den kleinen Zug der Hohenzollerischen Landesbahn, und wir überlegten uns, ob es sich lohnen würde, ihn als Geisel zu nehmen und gegen einen Kasten Lehner-Bier einzutauschen. Albstadts Nr. 5 meinte jedoch, heute würden wir nichts für ihn bekommen, da er aller Wahrscheinlichkeit eh nicht spielen würde - er behielt am Ende Recht - und so ließen wir sämtliche Pläne zur persönlichen Bereicherung fallen.

Eine kurze Geschichte des FC 07 Albstadt bzw. seiner Vorgängervereine FV 07 Ebingen und FC Tailfingen habe ich ja bereits damals abgefasst, so interessiert hier vielleicht eher die Frage, wie es dem FCA seit meinem letzten Besuch ergangen ist. Nun, eine Zeit lang mußten die Albstädter schon zittern, ob sie auch ein viertes Jahr in der Verbandsliga spielen würden, und wir Besucher aus Gmünd zitterten tatsächlich mit, denn wir fühlten uns als Gäste im Albstadion pudelwohl und herzlich empfangen - das wollten wir natürlich auch 2014/15 wieder erleben. Nicht zu vergessen das gute Stadionbier aus dem Hause Lehner-Bräu, das es nunmal nicht in unserer Gegend gibt. Am Ende sprang für Albstadt dann auch noch ein überzeugender 9. Platz heraus, und auch Normannia blieb der 1. Liga Württembergs erhalten, so dass einem erneuten Besuch im "echten" Albstadion nichts im Wege stand. Wie gesagt: "Albstadtfahrten" mit der Bahn werden sich noch als Gmünder Tradition einbürgern!

In der Vorbereitung lief es für das Team um Trainer Markus Pleuler allerdings alles andere als gut. Zuhause gab es selbst gegen niederklassige Vereine Niederlagen. Aus dem WFV-Pokal verabschiedete sich der FCA in Runde 1, und die ersten zwei Partien der laufenden Saison gingen verloren, und so zierte die Elf mit 0:6 Toren und 0 Punkten das äußerst ungeliebte Tabellenende. Besonders ärgerlich aus Albstädter Sicht war dabei wohl der Umstand, dass die Mannschaft wesentlich besser spielt als es die Ergebnisse widerspiegeln. Von daher durfte man auf Normannia-Seite keinesfalls von einem leichten Gegner ausgehen, sondern ein sehr schweres Spiel erwarten. Langweilig dürfte es auf keinen Fall werden.

Heiko Jakob beim Rundgang
im Albstadion.
Trotz langer Bahnfahrt und einem verpassten Bus in Ebingen - wir waren wieder vor unserer Mannschaft im Albstadion. Fast auch schon eine Tradition.
Besonders nett war, das man uns beim heimischen FC wieder erkannte und uns wirklich freundlich empfing. Auch Team-Manager Heiko Jakob stellte sich vor und wünschte uns einen guten Tag, und von anderer Seite hieß es durchaus mal, "das kennt ihr ja vom letzten mal".

Das kleine FC-Stüble, der Ort meines damaligen Tassenkaufs für Hardy Grüne (der sich momentan in Südamerika auf den Anden Trail herumschlägt), war bedingt durch einen Ausflug der Ehrenamtlichen leider geschlossen, der Verkauf am Kiosk ging wie gewohnt vonstatten. Das Lehner-Bier hätte einen Tick gekühlter sein können, aber das war neben der Stadionmusik ("Ich hab nen Helikoptääär" - wenigstens trällerte nicht Helene Fischer...) der einzige winzige Kritikpunkt meines Ausflugs.

Das am Eingang schön präsentierte Stadionmagazin war nicht nur prall gefüllt mit allgemeinen Informationen zum Verein, es beginnt mit einem Grußwort von Albstadts Oberbürgermeister Jürgen Gneveckow, der seine Ausführungen beschließt mit: "Der FC 07 Albstadt ist ein wertvoller Repräsentant für unsere Sportstadt". Auch wenn es in der Natur eines OBs liegt, auf 2 Seiten Werbung für die Arbeit der Stadt zu machen (und somit natürlich auch politische Selbstdarstellung betreibt), so zeigt es doch eine Verbundenheit zwischen Stadtverwaltung und Verein, der hoffentlich auch sonst für die Arbeit des FC07 fruchtet.

Interessant und gut geschrieben war auch der Vorbericht zum Normannia-Spiel, wo u. a. auch unser Auftaktgegner TSV Essingen als - Zitat - "Sponsor-Kunstgebilde-Kopie des TSV Berg" bezeichnet wurde.

Mit von der Partie war auch der Schal meines "Zweitvereins" TV Derendingen, und mein TVD-Schal durfte dann auch im Albstadion "Flagge zeigen". Begegnungen zwischen beiden Teams haben meines Wissens noch nie stattgefunden, aber sollte es mal zu einem Pflichtspiel kommen, war zumindest schon mal der Schal vor Ort (wobei ich mir sicher bin, das ich dann auch nach Möglichkeit präsent wäre).

Im Gegensatz zum Märzbesuch war diesmal das Wetter herrlich. Damals mußte man sich mit Glühwein erwärmen, diesmal erfüllte die Sonne ihre Pflicht. Allerdings vermisste ich den FCA-Fan, neben dem ich damals auf der Tribüne saß, und falls ein Albstädter das hier ließt und ihn kennt, so möge er mir ganz herzlich Klaus von mir grüßen.

Das Albstadion liegt ja herrlich eingebettet in dem ihm namensgebenden Mittelgebirge, und bei dem Sommerwetter war es optisch eine Freude, dem Spiel beizuwohnen. Dummerweise dient das Albstadion auch als Leichtathletikwettkampfstätte, und so ist für den Fußballfreund leider auch die Sicht zum Spielfeld durch eine Tartanbahn verlängert.










Unter den Gmündern Gästen befand sich natürlich auch Fußballfanlegende Bredi, der sich einen Abstecher nach Albstadt und dem Wiedersehen mit alten Freunden nicht entgehen läßt. Besondere Genesungswünsche galten Albstadts Spieler Marc Kleiner, der ausgerechnet im März-Spiel gegen Normannia verletzt wurde und seitdem außer Gefecht ist. Auch ich kann mich diesen Genesungswünschen nur anschließen und hoffen, ihn bald wieder auf dem Spielfeld zu sehen.

Zuerst dachte ich, er käme gar nicht, aber dann kam doch noch Gaetano Molinari ins Stadion. Im Schlepptau ein Rudel Kinder, die ihn zu McDonalds drängten, wirkte der stets gutgelaunte Normannia-Fan wie der Rattenfänger von Hameln. Zusammen mit Felice Mangieri vertrat er dann während dem Spiel lautstark den 12. Mann.










Belustigung rief der Stadionsprecher bei uns hervor. Da wurde von einem Trainer "Molinaro" und einem Mannschaftskapitän "Calzone" gesprochen.

Das Spiel selber begann wie erwartet resp. befürchtet: mit einem starken FC Albstadt, der unablässig Vorwärts drängte und der Normannia-Abwehr von Anbeginn das Leben schwer machte. Sehr clever nutzen die Gastgeber ihre Ballsicherheit, und ihre weiten Flanken erreichten meistens ihr Ziel, einen freien Mitspieler.

Aus solch' einer Situation entstand dann auch das völlig verdiente 1:0 für den FC Albstadt, als Kevin Dickelhuber frei steht und den Ball nach einer langen Flanke von rechts zugespielt bekommt. Der treffsichere Torjäger läßt sich nicht zweimal bitten und verwandelt den Ball sehr zur Freude der heimischen Fans zur verdienten Führung, was auch zugleich das erste Saisontor der Albstädter darstellt.

Noch in der 1. Hälfte hätte Albstadt "den Sack zumachen können", aber gottlob erzittertete nach einem Gewaltschuß nur die Latte und nicht das Tornetz. So blieb es nach 45 Minuten bei der völlig verdienten Führung der Heimelf.


Auch in der 2. Halbzeit sah es zunächst danach aus, als ob die erste Spielhälfte lediglich fortgesetzt würde. Normannia brauchte lange, ehe sie analog zum letzten Spiel gegen den TSV Berg wieder ins Geschehen eingreifen konnte, und die letzte Viertelstunde sah dann auch eine komplett andere Gästeelf.

Markus Funk, ein echter V.I.P. unter den Gästen.
Der Drummer der Hard Rock-Band "Final Warning" auf der Tribüne des Albstadions.
Als ich beim Platzwechsel im Stadion verabschiedete ich mich von einem Albstädter auf der Tribüne. "So gfallet ihr mir am beschta. Wenn ihr die Punkte dolässet" meinte er sichtlich zufrieden. "Abwarten", meinte ich, "noch ist das Spiel nicht vorbei". Manchmal ist es schön, Recht zu behalten. In der 77. Minute erlöste der zuvor eingewechselte Timo Zimmer meine Nerven und Blutdruck, und erzielte das Ausgleichstor.

Jubel nach dem 1:1.
In der Folge drängte Normannia sogar verstärkt nach Vorne, aber ich glaube, ein Siegtreffer wäre dann wirklich zu viel des Guten gewesen, und so blieb es beim Unentschieden zwischen beiden Teams. Die Bewertung fällt etwas schwer. Einerseits ein verdienter Punkt für Normannia, wenn man die letzten 15-20 Minuten als Maßstab nimmt. Andererseits kann man das 1:1 durchaus auch als glücklich ansehen, hätte Albstadt in der 1. Hälfte einfach den besseren Knipser gehabt. Zwei hochkarätige Chancen ließen durchaus das Blut in den Adern gefrieren.


Spielszene aus der spannenden
letzten Viertelstunde.
Schlußpfiff. Erleichterung bei mir.










Die Rückreise gestaltete sich einfacher als die Hinreise. Zunächst zeigten wir drei aus dem Remstal Schal und Anwesenheit in Ebingen in einer mit einem Sky-Sport-Schild behängten Kneipe á la "Support your local football team", was allerdings dort gut ankam.

Sky sports? Pff, wir unterstützen Amateurfußball vor Ort.

In der Zugfahrt - nun ohne Umsteigen bis Stuttgart - machte ich die Bekanntschaft mit einem älteren Herrn, der davon erzählte, nicht nur selber Fußball gespielt zu haben, sondern seinen Verein sogar mitgegründet hat. Aber den würde ich eh' nicht kennen. Tja, da hat er sich getäuscht. Nicht nur das ich Frankonia Karlsruhe - immerhin in der Traditionslinie drittältester Verein Karlsruhes - kenne, nein, ich habe sie jüngst sogar gegen Altmeister Karlsruher FV selbst erlebt! Überraschung und Freude gingen beim freundlichen Herrn Hand in Hand, und es entwickelte sich noch ein kurzweiliges Zuggespräch mit dem Herrn, der noch beim Aussteigen freudig davon sprach, "jetzt kennt der meine Frankonia".

Der Stuttgarter Hauptbahnhof war voll von siegestrunkenen Geißbock-Fans und weniger sieges- aber umso trunkener VfB-Fans - und wir mittendrin mit Normannia- und Derendingen-Schals. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Albstadt übergab nun das Tabellenende an den VfL Nagold, der widerrum die Albstädter am kommenden Spieltag empfängt. Ohne das ich Vorbehalte gegen Nagold hege, drücke ich den Albstädtern die Daumen - nicht nur für das Spiel, sondern auch für den Saisonverlauf, der bislang Punktemäßig nicht so gut begonnen hat. Schließlich will ich auch nächste Saison wieder eine "Albstadtfahrt" machen. Denn zu guten Gastgebern fährt man immer wieder gerne.

Spielberichte:
Schwarzwälder Bote: FC 07 Albstadt fährt gegen Gmünd seinen ersten Zähler ein
FC 07 Albstadt: Spielbericht: FC 07 Albstadt - 1. FC Normannia Gmünd 1:1 (1:0)
Zollern-Alb-Kurier: Albstadt weiter ohne Sieg
Normannia Gmünd: Zufrieden mit dem Punkt auf der Alb 


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